Meeresforscher der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) brechen am 29. März 2012 zu einer Expedition in den Zentralpazifik auf. Ihr Ziel: der Manganknollengürtel zwischen Hawaii und Mexiko. Im deutschen und im französischen Manganknollen-Lizenzgebiet wollen die Wissenschaftler die Umweltbedingungen in 5.000 Meter Tiefe untersuchen, um Aufschlüsse über mögliche Auswirkungen einer potentiellen Rohstoffgewinnung zu erhalten.
„Manganknollen sind eine Rohstoffquelle der Zukunft, die Auswirkungen eines möglichen zukünftigen Abbaus auf das Ökosystem der Tiefsee sind bislang aber nur in Ansätzen erforscht“, erklärt BGR-Expeditionsleiter Carsten Rühlemann. „Umso wichtiger sind Kenntnisse über die marine Umwelt, um eine nachhaltige Nutzung und einen wirkungsvollen Schutz der Tiefsee zu gewährleisten. Dies gilt besonders für den Artenreichtum der Tierwelt in den ausgedehnten Knollenfeldern unter den extremen Bedingungen der Tiefsee mit völliger Dunkelheit, frostiger Kälte und enormem Druck“, erläutert der BGR-Meeresgeologe.
Bestandsaufnahme der Bodenlebewesen
Der Fokus der Forschungskampagne liegt deshalb auf einer umfangreichen Bestandsaufnahme der Bodenlebewesen. Mit Hilfe von sogenannten Kastengreifern werden 50 x 50 cm große Proben des Meeresbodens mit den darin lebenden Tieren ausgestanzt und an Bord gehoben. Außerdem sollen mit speziellen Geräten Boden- und Wasserproben aus der Tiefsee entnommen werden, um die Sauerstoff-, Nährstoff- und Metallkonzentrationen des Wassers zu bestimmen. „Wir erhoffen uns von der Auswertung der Proben Erkenntnisse darüber, wie viele Arten es gibt, wie sie verteilt sind und wie groß das Verbreitungsgebiet ist“, sagt Rühlemann.
Die Expedition umfasst zwei Abschnitte. Nach Erkundungsarbeiten im deutschen Lizenzgebiet werden die gleichen Untersuchungen auch im 1.300 Kilometer entfernten französischen Lizenzgebiet durchgeführt und die Ergebnisse miteinander verglichen. Rühlemann: „Die Untersuchungen während der letzten Expedition im Jahr 2010 haben bereits gezeigt, dass einige Arten die Tiefsee weiträumig bewohnen und dass eine Wiederbesiedlung im Falle eines Abbaus der Manganknollen nicht durch Wanderbarrieren beeinträchtigt würde. Ob dies auch für weitere Arten zutrifft, wollen wir mit Hilfe der Untersuchungen in beiden Lizenzgebieten überprüfen.“
Manganknollen: Renaissance nach 30 Jahren
Im Blickpunkt der Expedition stehen aber nicht nur Umweltaspekte, sondern auch Rohstofffragen. Die Forscher wollen weitere grundlegende Daten zur Beurteilung der potentiellen Manganknollen-Lagerstätte sammeln. Untersucht wird, wie groß die Vorkommen sind, wo die größten Knollenkonzentrationen liegen und wie wirtschaftlich eine mögliche spätere Förderung der Rohstoffe ist. Grundlage des deutschen Manganknollen-Lizenzgebiets ist ein im Jahr 2006 zwischen der Internationalen Meeresbodenbehörde und der BGR geschlossener Vertrag, der Deutschland das exklusive Recht gibt, auf einem Meeresareal von 75.000 Quadratkilometern Größe in rund 5.000 Meter Tiefe 15 Jahre lang den Bestand der rohstoffreichen Manganknollen zu erfassen.
Die Manganknollen-Vorkommen waren bereits vor rund 30 Jahren ein Rohstoff-Thema. Die in der Tiefsee verbreiteten Knollen wurden während der 1970er- und 1980er-Jahre als eine neue, bisher nicht genutzte Quelle für verschiedene Metalle wie Kupfer, Kobalt und Nickel entdeckt. Nach Jahren intensiver Forschungstätigkeit erschien ein submariner Abbau greifbar nahe. Ein Konsortium mit Beteiligung deutscher Firmen erwarb daher 1984 eine Förderlizenz im zentralen Pazifik. Allerdings verhinderte damals ein unerwarteter Preisverfall bei Metallrohstoffen den Beginn der kommerziellen Gewinnung von Manganknollen und die Lizenz erlosch. Angesichts teilweise dramatisch steigender Rohstoffpreise gewinnen die Manganknollen erneut an Aktualität.
(Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR), 26.03.2012 – NPO)