Erste Trekking-Karte des Himmelsgebirges: Dies ist die Aufgabe, die sich die 13 Teilnehmer einer Expedition in das mittelasische Tienschan-Gebirge des Instituts für Kartographie der TU Dresden gesetzt haben. Während der sechswöchigen Expedition sammelten sie zusammen mit Kollegen aus Kirgistan Daten für die erste zivile Karte im Maßstab 1:100.000. Für die erste westliche Expedition in das militärische Sperrgebiet waren große logistische Vorarbeiten nötig. Zwei Jahre hat Prof. Manfred Buchroithner, Inhaber des Lehrstuhls für Kartographie der TU Dresden das Projekt vorbereitet. Finanziert wurde es größtenteils vom Geodätischen Dienst Kirgistans und der größten kirgisischen Reiseagentur Tien Shan Travel.
Nahe am Himmel
Der Tienschan, zu deutsch Himmelsgebirge, reicht von der Wüste Gobi im Osten bis zur usbekischen Hauptstadt Taschkent im Westen. In mehreren Ketten erstreckt er sich so über mehr als zweieinhalbtausend Kilometer. Von Nord nach Süd sind es dagegen nur schmale 300 km. Seine höchsten Gipfel sind unter dicken Eispanzern versteckt, deren Schmelzwasser zahlreiche große Flüsse Mittelasiens speist. Doch kein Tropfen dieses Wasser erreicht die Ozeane. Sein höchster Gipfel ist mit 7.439 m der Pik Pobjedy vor dem Khan Tengri mit 6.995 m. Beide Berge liegen im zentralen Tienschan, der überwiegend zur Republik Kirgistan gehört. Kirgistan selbst will hoch hinaus: nur 15% der Fläche Kirgistans liegen unter 1.500 m, etwa ein Drittel sogar oberhalb von 3.000 m. Der niedrigste Punkt des ganzen Landes liegt immerhin unter 200 m.
Schönes Wetter hilft
Das Arbeitsgebiet der Expedition hat sich hauptsächlich auf die Umgebung des Inylschek-Tals mit seinem großen Gletscher konzentriert. Der Leiter der Geländearbeiten, Sebastian Wolf, ist sehr zufrieden, denn auf Grund des ungewöhnlich schönen Wetters, konnten die 13 Teilnehmer ein größeres Gebiet kartieren als erhofft. Die Daten bilden den Grundstock für die erste Trekking- und Wanderkarte des Tienschan im Maßstab 1:100 000. Bisher waren keine Bergsport-tauglichen Karten erhältlich, obwohl die Nachfrage stetig wächst. Allerdings müssen sich Interessenten noch ein wenig gedulden. Bis alle Daten ausgewertet sind, können noch mehr als zwei Jahre ins Land gehen. Trotz seiner erst 23-Jahre gilt der Geographiestudent Wolf als erfahrener Bergsteiger und ist schon zum zweiten Mal bei Geländearbeiten einer Expedition der TU Dresden dabei.
Qual und Freude
Er ist besonders froh, dass abgesehen von kleinen Schrammen alle gesund zurück sind. Über die Höhen und Tiefen schreibt der Geographiestudent in seinem Tagebuch: "Die Felspyramide des Khan Tengri ragt atemberaubend in die Höhe und selbst der einfachste Aufstieg sieht alles andere als einfach aus." An anderer Stelle heißt es: "…die Wadenmuskeln brennen fürchterlich vor Überlastung. Ab und zu mal einen Quertritt zum Ausruhen hacken, sonst ist kämpfen angesagt…" Trotz der Anstrengung kommt aber auch der Humor nicht zu kurz: Auf Grund eines verlorenen Kaffeebechers gibt es jetzt einen Pik Becherovka – zu erreichen über den Teufelsgrat.
(aws, 27.03.2003 – Kirsten Achenbach / DFG-Forschungszentrum Ozeanränder Bremen (RCOM))