Ein deutsch-russisches Forscherteam wird in den nächsten Wochen eine der am wenigsten erforschten Regionen der Arktis erkunden. Ziel der am 1. September startenden Forschungsreise sind umfangreiche Gelände-Untersuchungen auf den Neusibirischen Inseln im Polarmeer. Geologische Untersuchungen sollen dabei unter anderem klären, ob es dort Rohstoffe wie Erdöl oder Erdgas gibt.
Die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) führt vom 01. bis 21. September 2011 gemeinsam mit dem Russischen Geologischen Forschungsinstitut (VSEGEI) in St.
Petersburg die geologische Expedition „CASE 13“ auf die Neusibirischen Inseln durch. „Seit 15 Jahren versucht die BGR, eine Forschungsreise in diese entlegene Region zu organisieren. Jetzt ist es uns mit Hilfe unserer russischen Kollegen endlich gelungen, dieses Projekt zu realisieren“, sagt BGR-Expeditionsleiter Karsten Piepjohn.
Neben den Forschern der BGR und des VSEGEI sind Geologen von Universitäten aus Russland, Frankreich, Italien, Schweden und Deutschland beteiligt. Das 22-köpfige Wissenschaftler-Team wird mit dem 120 Meter langen ehemaligen sowjetischen Versorgungseisbrecher „Mikhail Somov“ vom sibirischen Hafen Tiksi im Lena-Delta zu den Neusibirischen Inseln aufbrechen. Das Schiff dient gleichzeitig als schwimmende Unterkunft und Basislager. Die täglichen Geländeexpeditionen werden mit einem Hubschrauber durchgeführt.
Gehörten die Inseln einst zu Nordamerika?
Ein Schwerpunkt der Arbeiten sind strukturgeologische Untersuchungen und Altersbestimmungen. „Wir wollen erforschen, wie sich die Neusibirischen Inseln im Laufe der letzten 600 Millionen Jahre entwickelt haben. Es besteht die Möglichkeit, dass die Inseln einmal dicht an der Nordküste des nordamerikanischen Kontinents gelegen haben. Das war, bevor der Superkontinent Laurasia vor 120 Millionen Jahren auseinanderbrach und daraufhin das heutige Polarmeer entstand“, erläutert Arktisforscher Piepjohn.
Suche nach Rohstoffen in der Arktis
Diese grundlegenden Forschungen sind wichtig für die Frage nach möglichen Vorkommen von Rohstoffen, vor allem Erdöl und Erdgas. „Sollten die Neusibirischen Inseln tatsächlich am Nordrand Amerikas gelegen haben, könnte man die dort bekannte Rohstoffsituation übertragen auf die riesigen, wasserbedeckten Küstenmeere Sibiriens“, erklärt Piepjohn. „Ein Viertel der weltweiten Erdöl- und Erdgasreserven werden in der Arktis vermutet. Allerdings sind die geologischen Verhältnisse an der Nordküste Sibiriens noch so unbekannt, dass eine ernsthafte Abschätzung des Rohstoffpotenzials bislang noch nicht möglich war“, so Dieter Franke, einer der vier BGR-Expeditionsteilnehmer.
Polarforschung stellt nach wie vor auch in unserer heutigen, hoch technisierten Welt, große Anforderungen an Logistik, Material und Menschen. Aus diesem Grunde und wegen der hohen
Kosten werden Arktis-Expeditionen fast immer im Rahmen internationaler Kooperationen mit anderen geologischen Diensten oder Polarinstituten durchgeführt. Die Expedition „CASE 13“
findet im „Deutsch-Russischen Jahr der Bildung, Wissenschaft und Innovation 2011/2012“ statt.
(BGR, 30.08.2011 – NPO)