Verblüffende Ähnlichkeit: Die mysteriösen Feenringe gibt es nicht nur in Namibia, Forscher haben diese kahlen Kreise nun auch im westaustralischen Outback entdeckt. In der trockenen Halbwüste reihen sie sich in einem verblüffend regelmäßigen Muster aneinander. Und die Ursache? Wahrscheinlich erzeugt eine sich verstärkende Rückkopplung von Boden, Regen und Pflanzen diese bizarren Formationen, wie die Forscher im Fachmagazin „Proceedings of the National Academy of Sciences“ berichten.
Die Feenringe im trockenen Grasland Namibias sind bisher selbst für Biologen ein Rätsel. Denn was diese seltsam regelmäßigen, kreisrunden Stellen in der Vegetation verursacht, ist unbekannt. Während das Innere dieser Kreise völlig kahl ist, haben sie meistens einen Rand aus dichterem, kräftigem Gras. Vor einigen Jahren glaubten Forscher, Termiten als Urheber der Feenringe entlarvt zu haben.
Doch dies widerlegten ein Jahr später Stephan Getzin vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) in Leipzig und seine Kollegen. Ihre These stattdessen: Nicht die Einwirkung von Tieren erzeugt die Feenringe, sondern die Wechselwirkung von Wasser und Boden. Die kahlen Kreise wären demnach die Folge einer Selbstorganisation, die schon der Mathematiker Alan Turing in seiner Theorie der Musterbildung postulierte.
Feenringe auch im australischen Outback
Jetzt haben Getzin und seine Kollegen erstmals auch auf einem anderen Kontinent Feenringe entdeckt: in Australien. In der trockenen Halbwüste rund um den Bergbauort Newman in der Pilbara-Region Westaustraliens stießen sie ebenfalls auf regelmäßige, kahle Kreise inmitten des dort wachsenden Stachelkopfgrases (Triodia).
„Die Analyse von Luftraufnahmen demonstriert, dass die australischen Feenringe die nahezu identischen räumlichen Merkmale zeigen wie die namibischen Feenringe“, berichten die Forscher. Sie ergeben ein regelmäßiges Muster, bei dem jeder Feenring im Mittel rund zehn Meter von seinem nächsten Nachbarn entfernt liegt. Im Inneren der kahlen Kreise liegt die sehr lehmige, rötliche Erde frei.
Termiten sind es nicht
Was aber schuf diese Feenringe? Soziale Insekten sind es offenbar auch in Australien nicht: „Im Gegensatz zu den regelmäßig angeordneten Feenringen sind die Termiten- und Ameisennester in dieser Region typischerweise geklumpt und heterogen verteilt“, berichten die Forscher. „Sie können daher die extrem regelmäßigen Kreismuster nicht erklären.“
Stattdessen gibt es starke Indizien für eine Selbstorganisation, wie die Wissenschaftler herausfanden. Eine entscheidende Rolle spielt dabei der lehmige Boden in diesem Gebiet. „Die Zentren der Kreise haben signifikant höhere Lehmgehalte und eine geringere Versickerungsrate als die umgebende Vegetation“, so Getzin und seine Kollegen. „Der Boden in den Lücken ist kompakt und hart.“
Wechselwirkung von Regen, Gras und Boden
Wenn nun einer der seltenen, aber dafür dann umso heftigeren Regengüsse fällt, kann das Wasser an diesen lehmreichen Stellen nicht versickern. Stattdessen fließt es seitlich ab und strömt in die grasbewachsenen Ränder der Kreise. Gleichzeitig klopfen die Regentropfen die harte Lehmoberfläche noch weiter fest und verstärken damit diesen Prozess.
Im Laufe der Zeit führt dies zu einer sich selbst verstärkenden Rückkopplung und lässt das regelmäßige Muster der Feenringe entstehen. „Das ablaufende Wasser an diesen Stellen behindert das Wachstum von Grassamen“, so Getzin und seine Kollegen. „Die harte Bodenkruste in den Lücken lässt Pflanzen zudem absterben, weil ihr Wurzelwachstum behindert ist.“ Hinzu kommt, dass sich der Boden in den kahlen Stellen tagsüber bis auf 75 Grad Celsius aufheizen kann. Der von den Gräsern erzeugte Schatten begünstigt dagegen das Nachwachsen weiterer Halme – auch das ein sich selbst verstärkender Prozess.
Sich verstärkende Rückkopplung
„Unsere Ergebnisse sprechen für eine bemerkenswerte Übereinstimmung der Muster von namibischen und australischen Feenringen“, konstatieren die Forscher. Obwohl beide Phänomene rund 10.000 Kilometer voneinander entfernt liegen, sind sie sich in ihrer Anordnung und Form verblüffend ähnlich. „Dies spricht dafür, dass eine räumliche Selbstorganisation, verursacht durch Rückkopplungen von Wasser und Biomasse, für beide Phänomen verantwortlich ist.“
Allerdings: Die Art der Rückkopplung ist an beiden Orten quasi entgegengesetzt: In Australien hemmt der Lehmboden das Anfeuchten des Bodens und damit das Pflanzenwachstum. In Namibia ist es der lose Sandboden, der durch zu schnelles Versickern ungünstige Wachstumsbedingungen schafft. Das dahinterstehende Prinzip sei aber in beiden Fällen das gleiche – und über ein ganz ähnliches Modell beschreibbar, so die Wissenschaftler. (Proceedings of the National Academy of Sciences, 2016; doi: 10.1073/pnas.1522130113)
(PNAS, 15.03.2016 – NPO)