Jeden Tag werden weltweit 350 Quadratkilometer Wald vernichtet, 150 Quadratkilometer gehen durch Urbanisierung verloren. Die Wüstenbildung schreitet täglich mit 300 Quadratkilometern voran. Auf den Klimawandel hat diese Verringerung der Vegetationsflächen jedoch enorme Auswirkungen: Durch die Vernichtung von Vegetationsflächen und durch Nutzungswandel kommt es laut einem internationalen Forscherteam zu einer immer stärkeren Abnahme der Verdunstungskühlung auf der Erdoberfläche.
Diese Reduzierung ist nach Angaben der Wissenschaftler um Martin Buchholz und Marco Schmidt vom Institut für Architektur der Technischen Universität (TU) Berlin sowie deutschen, slovakischen und tschechischen Kollegen der Hauptfaktor für die Klimaerwärmung neben dem Kohlendioxidausstoß.
Auf einer im slovakischen Košice im Dezember 2009 veranstalteten Konferenz haben die Wissenschaftler daher ein gemeinsames Protokoll verabschiedet, dass den Fokus auf die Vorgänge des Wasserhaushalts in der Natur legt, also der Verdunstung und Kondensation von Wasser als klimastabilisierender Faktor.
Pflanzen verdunsten Wasser
„Der Einfluss von Wasser und Vegetation auf den Klimawandel wird in der gegenwärtigen Debatte um den Klimaschutz zu wenig berücksichtigt“, so Buchholz und Schmidt aus der Arbeitsgruppe „Watergy“. „Jeder Mensch kennt das Phänomen der Verdunstungskälte, wenn man bei hochsommerlichen Temperaturen nach dem Baden trotzdem fröstelt“, sagt Buchholz.
Und weiter: „So wie Wasser auf den Wasseroberflächen der Meere, Seen und Flüsse verdunstet, verdunsten auch Pflanzen Wasser. Und mit jedem Kubikmeter, der etwa durch zwei bis drei große Bäume am Tag verdunstet wird, kann der Umgebung 680 Kilowattstunden Energie – das entspricht der Energiemenge von rund 60 Litern Heizöl – entzogen werden.“
Wenn die Kühlung aussetzt
Diese Energie verschwinde aber nicht, sondern werde bei der Kondensation des Dampfes in der Atmosphäre als Wärme wieder freigesetzt. Wenn aber Flächen übernutzt, entwässert oder versiegelt und Wälder abgeholzt würden, also Vegetation verschwinde, könne kein Wasser mehr verdunsten und die Kühlung setze aus. Die Sonnenstrahlung werde nicht mehr wie zum Beispiel im Wald zu 80 Prozent in Verdunstungskälte umgewandelt, sondern in fühlbare – oder wie die Wissenschaftler sagen – in sensible Wärme.
Die fehlende Verdunstung und die trockenen, überhitzten Flächen führen wiederum zu weniger Niederschlägen, wodurch der klimatische Effekt mehrfach verstärkt wird.
Forscher fordern nachhaltige Landnutzung
„Da die mangelnde Verdunstung durch die Degradierung oder Zerstörung von Vegetationsflächen, die wiederum durch ökonomisches Handeln, zum Teil auch durch Armut verursacht werden, maßgeblich für den globalen Klimawandel verantwortlich ist, müssen wir uns viel stärker über Maßnahmen für eine nachhaltige Landnutzung und deren Optimierung Gedanken machen“, sagt Schmidt. Die Begrünung von Dächern und Fassaden, um zum Beispiel urbane Gebiete wie Städte zu kühlen, sei nur eine von vielen Möglichkeiten.
(idw – Technische Universität Berlin, 08.12.2009 – DLO)