Spannender Fund: Bei einem Strandspaziergang hat eine Australierin eine 132 Jahre alte Flaschenpost entdeckt – eine der ältesten der Welt. Die Glasflasche samt Inhalt war im Sommer 1886 von einem deutschen Forschungsschiff ins Meer geworfen worden – sie sollte helfen, die Meeresströmungen im Indischen Ozean zu erforschen. Doch erst jetzt wurde die Flasche wiedergefunden – sie war so lange unterwegs wie keine andere bekannte Flaschenpost weltweit.
Eine Flaschenpost verbinden wir heute meist mit Schiffsbrüchigen oder einem netten Zeitvertreib bei einem Urlaub am Meer. Doch in den Anfängen der Meeresforschung nutzten Wissenschaftler solche Glasflaschen auch, um den Verlauf von Meeresströmungen zu erkunden. Erste Versuche mit den sogenannten Stromflaschen begannen bereits 1786. Die Flaschen enthielten Findezettel, auf denen Zeit und geographische Lage ihres Ausgangsorts vermerkt waren. Außerdem einen Hinweis, wohin die Finder den Zettel schicken sollten.
In Deutschland begann 1887 ein systematisches Forschungsprogramm mit Stromflaschen. Die Deutsche Seewarte verpflichtete jedes deutsche Schiff dazu, auf ihrer Fahrt mehrere solche Flaschen ins Meer zu werfen. Bis 1933 wurden dadurch tausende von Flaschen mit Findezetteln auf den Weltmeeren verteilt.
„Stromflasche über Bord“
Eine dieser Flaschen wurde am 12. Juni 1886 von Matrosen des deutschen Schiffs „Paula“ in die Wellen des südlichen Indischen Ozeans geworfen. Das Schiff war damals von Cardiff im britischen Wales nach Macassar im heutigen Indonesien unterwegs. Im Auftrag der Deutschen Seewarte sollte sie dabei mehrere Stromflaschen im südlichen Indischen Ozean aussetzen, um so die Strömungen dieses Meeresgebiets zu erforschen.
Vor dem Auswerfen der Flasche trug der Kapitän der „Paula“ auf dem Findezettel die Koordinaten 32° 49“‘ Süd und 105° 25“ Ost ein – das entspricht einer Position rund 900 Seemeilen westlich der australischen Küste. Im meteorologischen Logbuch vermerkte er mittags: „Stromflasche über Bord“. Wie lange diese Flasche unterwegs sein sollte, ahnten allerdings weder er noch die Wissenschaftler der Deutschen Seewarte.
Fund beim Strandspaziergang
Am 21. Januar 2018 machte die Australierin Tonya Illman mit einer Freundin einen Spaziergang am Strand von Wedge Island in Westaustralien. Auf dem Rückweg zu ihrem Auto bemerkte sie eine alte, halb im Sand vergrabene Glasflasche. „Ich hob sie auf, weil ich dachte, sie würde bei mir zuhause nett aussehen“, berichtet Illman. Doch als sie und ihre Bekannten die mit Sand gefüllte Flasche ausleerten und näher anschauten, bemerkten sie ein zusammengerolltes Etwas in deren Inneren.
Das Objekt entpuppte sich als säuberlich zusammengerolltes und mit einem Stück Schnur gebundenes Stück Papier – eine Flaschenpost. Als Illman das Papier entrollte, zeigten sich stark ausgebleichte Reste eines Textes. „Ich konnte die Datumsangabe 12. Juni gut erkennen, aber das Jahr war schwieriger zu entziffern“, berichtet Tonyas Partner Kym Illman. Mithilfe von Forschern des Western Australian Museum in Perth gelang es schließlich – die Jahresangabe lautete 1886.
Fast 132 Jahre unterwegs – ein Rekord
Damit war diese Flaschenpost 131 Jahre und 223 Tage auf See unterwegs – länger als jede andere bisher bekannte Flaschenpost. Auf welchem Wege die Flasche von der Schiffsposition der „Paula“ bis an die Küste Westaustraliens gedriftet ist, lässt sich nicht mehr nachvollziehen. Sie ist aber die bisher einzige Flaschenpost überhaupt, die an der australischen Westküste gefunden wurde, wie Illman berichtet.
Von den tausenden Stromflaschen der Deutschen Seewarte wurden nur rund zehn Prozent überhaupt wiedergefunden – der Rest blieb verschollen. Die letzte dieser alten Flaschen wurde im Jahr 1934 an der dänischen Küste entdeckt. Gesammelt und aufbewahrt werden die alten Findezettel und Stromflaschen heute im Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) in Hamburg. Mit zirka 660 zurückgesandten Briefen ist dies die wahrscheinlich größte Flaschenpostsammlung der Welt.
„Dieser Fund zeigt eindrucksvoll, mit welchen einfachen, aber wirkungsvollen Mitteln die Erforschung von Ozean und Atmosphäre begann. Heute geht nichts mehr ohne Satelliten“, kommentiert Gerhard Adrian, Präsident des Deutschen Wetterdienstes, den Fund. „Trotz dieser Entwicklung haben wir mit den damals erhobenen Daten einen wahren Schatz. Sie dienen der Klimaforschung, und die erhaltenen meteorologischen Journale der Schiffe beinhalten auch für andere Forschungszweige wertvolle Informationen.“
Die Flasche und ihr Inhalt werden zusammen mit umfangreichen Informationen zu ihrer Geschichte künftig im Western Australian Museum in Perth ausgestellt.
(Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH), 08.03.2018 – NPO)