Tümpel unter dem Eis: Auf dem Mars könnte es doch noch stabile Vorkommen flüssigen Wassers geben – versteckt unter dem Eis des Mars-Südpols. In rund 1,5 Kilometer Tiefe zeigen Radarmessungen dort eine helle Schicht, die auf die Präsenz von flüssigem Wasser hindeutet. Vermutlich handelt es sich um subglaziale Laugentümpel, die wegen ihres hohen Salzgehalts nicht gefrieren, wie die Forscher im Fachmagazin „Science“ berichten. Sollte sich dies bestätigen, wären dies die ersten stabilen Wasservorkommen auf dem Roten Planeten.
Gibt es heute noch flüssiges Wassers auf dem Mars? Bisher ist diese Frage strittig. Denn der Rote Planet besitzt zwar reichlich Wassereis – sowohl in den Eiskappen seiner Pole, als auch in Form von Gletschern und Eisvorkommen unter der Oberfläche. Doch die Kälte und der geringe Gasdruck seiner Atmosphäre lassen flüssiges Wasser entweder gefrieren oder verdampfen.
Flüssiges Wasser könnte nach gängiger Annahme daher höchstens kurzzeitig als Perchlorat-haltige Lauge im Untergrund und möglicherweise in den Kraterrinnen des Mars vorkommen. Dass es auf dem Roten Planet noch heute auch größere, länger bestehende Reservoire flüssigen Wassers geben soll, galt bisher als unwahrscheinlich.
Südpol-Eis durchleuchtet
Doch jetzt könnten Roberto Orosei vom Nationalen Institut für Astrophysik in Bologna und seine Kollegen ein solches Wasserreservoir aufgespürt haben – unter der Eiskappe des Mars-Südpols. „Die Präsenz von flüssigem Wasser unter der Basis der marsianischen Eiskappen wurde schon vor mehr als 30 Jahren vermutet“, erklären die Forscher. Denn auch auf der Erde – beispielsweise in der Antarktis, in Nordkanada oder auf Grönland – haben Radardaten Seen und Wasservorkommen unter Eisdecken nachgewiesen. Der Druck des auflastenden Eises und gelöste Salze halten dieses subglaziale Wasser flüssig.
Für ihre Studie haben die Forscher Radardaten des MARSIS-Instruments an Bord der Mars Express-Raumsonde der ESA ausgewertet. Dieses Radargerät hatte in der Zeit von 20012 bis 29015 mehrfach einen Bereich im Planum Australe durchleuchtet – einem flachen Gebiet am Rand des Südpol-Eises. In dieser Ebene ist der Untergrund von abwechselnden Schichten von Eis und mit Eis vermischtem Marsstaub bedeckt.
Verräterisch helles Radarsignal
Und tatsächlich: In einem Teil des Untersuchungsgebiets reflektierte die Eisbasis die Radarstrahlung auffallend hell – dies gilt als Indiz für die Präsenz flüssigen Wassers. Die dünne Zone erhöhter Radarhelligkeit lag rund 1,5 Kilometer unter der Oberfläche der Eiskappe und erstreckte sich über ein rund 20 Kilometer breites Gebiet, wie die Forscher berichten.
Nach Ansicht von Orosei und seinen Kollegen sprechen diese Radarsignaturen dafür, dass es unter der Oberfläche von Planum Australe flüssiges Wasser gibt. „Die hohen Leitfähigkeits-Daten dieses hellen Gebiets unter der Südpol-Eiskappe deuten darauf hin, dass dort wassergesättigtes Material oder Schichten flüssigen Wassers vorhanden sein müssen“, sagen die Wissenschaftler. Alternative Erklärungen wie CO2-Eis oder ein besonders kaltes Wassereis könnten diese Signatur dagegen nicht erklären. „Wir müssen daher schlussfolgern, dass es heute noch Wasser auf dem Mars gibt“, so Orosei.
Laugentümpel unterm Eis
Sollte sich dies bestätigen, wäre dies das erste stabile Vorkommen von flüssigem Wasser auf dem Roten Planeten. Ähnlich wie bei subglazialen Wasservorkommen auf der Erde könnte auch dieses Marswasser durch gelöste Salze vor dem Gefrieren bewahrt bleiben, wie die Forscher erklären. Ihren Schätzungen könnten genügend hohe Konzentrationen von Perchlorat-Salzen den Gefrierpunkt dieses Wassers auf etwa minus 60 Grad senken.
„Wir finden es plausibel, dass es an der Basis dieses Eises eine Schicht von flüssiger Perchlorat-Lauge gibt“, sagen Orosei und seine Kollegen. „Diese Lauge könnte mit dem Untergrund zu Schlamm vermischt sein oder auf der Oberfläche des Untergrundgesteins lokale Laugen-Tümpel bilden.“
Könnte es dort Leben geben?
„Dies ist sicher keine angenehme Umgebung für Leben“, sagt Orosei. Doch auch auf der Erde gebe es subglaziale, salzige Gewässer, in denen zumindest einfaches, einzelliges Leben existiert. „Diese Organismen überleben gerade wegen der Salze – sie nutzen sie für ihren Stoffwechsel“, so der Forscher.
Er und seine Kollegen halten es daher nicht für ausgeschlossen, dass es auch in den subglazialen Laugentümpeln des Mars Leben geben könnte. Die Existenz dieser Tümpel zu bestätigen und nach möglichem Leben dort zu suchen, dürfte allerdings nicht einfach werden. (Science, 2018; doi: 10.1126/science.aar7268)
(AAAS/ Science, 26.07.2018 – NPO)