Chemie

Förder-Abwässer als Lithiumquelle?

Membrantechnologie könnte Lithium aus Wässern der Öl- und Gasförderung gewinnen

Ölförderung in den USA
Bei der Förderung von Erdöl und Erdgas fallen große Wassermengen an – und in diesen ist reichlich Lithium enthalten. © FreezeFrame/ Getty images

Neue Rohstoffquelle: Eine neuartige Membran könnte dabei helfen, eine neue Quelle des begehrten Rohstoffs Lithium zu erschließen – das bei der Erdöl- und Erdgasförderung anfallende Wasser. Denn dieses enthält ähnlich viel Lithium wie die Salzseen in Südamerika, aber bisher war die Extraktion ineffektiv und kaum möglich. Die neue Trennmembran könnte dies ändern, denn sie lässt Lithium durch, hält aber Natrium und andere Salze zurück, wie die Forscher berichten.

Lithium ist einer der begehrtesten Rohstoffe der Welt. Denn das weißlich-silbrige Alkalimetall ist Kernbestandteil der Lithium-Ionen-Akkus, die in fast jeder mobilen Technologie stecken – vom Handy bis zum Elektroauto. Schätzungen zufolge könnte die Nachfrage nach Lithium schon in naher Zukunft die aktuellen Fördermengen um das Vierfache übersteigen. Bisher wird das Metall vor allem aus Salzseen in Südamerika gewonnen, indem die Sole durch die Sonnenhitze konzentriert wird. Das auskristallisierende Lithiumsalz wird dann weiterverarbeitet.

Förderwässer als neue Lithiumquelle?

Doch es gibt noch ein Reservoir an Lithium, das bislang kaum genutzt wird: Das Wasser, das bei der Förderung von Erdöl und Erdgas als Nebenprodukt anfällt – beispielsweise beim Fracking. „Dieses Wasser enthält mit 100 bis 1.000 Milligramm pro Liter ähnlich hohe Lithiumkonzentrationen wie die Sole und fällt in großen Mengen an“, erklären Samuel Warnock von der University of California in Santa Barbara und seine Kollegen.

Allein in den USA werden mehr als zehn Milliarden Liter Wasser pro Tag in der Öl- und Gasförderung eingesetzt – meist als Fracking-Fluid oder um Öl und Gas aus dem Untergrund zu treiben. Könnte man dieses Lithium aus dem Förderabwasser abtrennen, wäre dies eine quasi nebenbei anfallende Rohstoffquelle für die Batterieproduktion. Bisher allerdings fehlt es an effektiven und kostengünstigen Methoden für diese Extraktion. Denn viele gängige Membranfilter schaffen es nicht, Lithium-Ionen von Natrium-Ionen und anderen Salzen abzutrennen.

Polymermembran mit kleinen Extras

Jetzt haben Warnock und sein Team dafür eine mögliche Lösung entwickelt: Sie haben eine Polymermembran chemisch so modifiziert, dass sie nun selektiv Lithium-Ionen durchlässt, aber Natrium und andere Ionen zurückhält. Ausgangspunkt war eine Membran aus Polynorbornen, einem Polymer aus fünfeckigen, durch eine zusätzliche Bindung verstrebten Kohlenwasserstoffen. In dieses Polymergerüst klinkten die Forscher Polyethylen- Seitenketten ein, um den Wassergehalt innerhalb der Membran zu regulieren.

Membran
Die ringförmigen Kronenether der Membran halten Natrium-Ionen selektiv fest, lassen Lithium aber durch. © University of Texas at Austin

Die entscheidende Modifikation der Membran ist jedoch der Einbau von speziellen Kronenethern ([12]Krone-4) in das Gerüst. Diese großen, blütenförmigen Einheiten aus vier miteinander verknüpften Ethermolekülen dienen als selektive Ionenfalle: Bei hohem Wassergehalt der Polymermembran bilden die Ether bevorzugt Komplexbindungen mit Natrium-Ionen, lassen aber das Lithium passieren, wie Tests belegten.

Hohe selektive Permeabilität für Lithium

Das aber bedeutet: Anders als herkömmliche Verfahren, die Natrium- und Lithium-Ionen aufgrund ihrer gleichen Ionenladung und ähnlichen Größe nur schwer trennen können, kann die modifizierte Polynorbornen-Membran dies durchaus, wie die Forscher berichten. In Einzeltests mit Natrium- und Lithiumsalzlösungen lag die Permeabilität für Lithium 2,3-mal höher als beim Natrium. „Das ist die höchste Permeabilitäts-Selektivität, die bisher für dichtes, wasserhaltiges Polymer dokumentiert wurde“, so das Team.

Noch muss die Membran beweisen, wie gut sie auch in Lösungen mit mehreren unterschiedlichen Salzen funktioniert. Aber nach Ansicht der Wissenschaftler eröffnen solche modifizierten Membranen einen vielversprechenden Weg, um Lithium künftig effektiver als zuvor aus wässrigen Vorkommen abzutrennen. „Unsere Ergebnisse haben eine potenziell große Bedeutung für die Lösung der Ressourcenknappheit beim Lithium“, erklärt Koautor Benny Freeman von der University of Texas in Austin.

Beitrag zur Rohstoffversorgung

Mit solchen Membranen könnte es künftig möglich werden, Lithium in großem Stil auch aus den Abwässern der Erdöl- und Erdgasförderung zu gewinnen. Schon die innerhalb von einer Woche beim Fracking in der texanischen Eagle-Ford-Schieferformation anfallenden Förderwässer würden ausreichen, um genug Lithium für 300 Elektroauto-Batterien oder 1,7 Millionen Handyakkus zu gewinnen, wie das Team erklärt. (Proceedings of the National Academy of Sciences, 2021; doi: 10.1073/pnas.2022197118)

Quelle: University of Texas at Austin

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