Paläontologie

Fossile Mini-Zähne sind ältestes Primatenrelikt

Ältester Vorfahr von Affen, Menschenaffen und Menschen in Indien entdeckt

Anthropologen vn Duke Universität beim Untersuchen von Primatenschädeln. Schädel, wie hier zu sehen, sind von Anthropoiden nur selten erhalten. © Duke University

Winzige fossile Zähnchen könnten sich als die ältesten jemals entdeckten Relikte unserer urzeitlichen Vorfahren in Asien entpuppen. Die in einer indischen Tagebaumine gefunden Fossilien sind 54,5 Millionen Jahre alt und gehören zu den Anthropoiden, der Primatenlinie, zu der Affen, Menschenaffen und der Mensch gehören. Das berichtet das amerikanisch-indische Forscherteam in der Fachzeitschrift „Proceedings of the National Academy of Sciences“ (PNAS).

Bei Ausgrabungen in der Vastan Kohlenmine im westlichen Indien stießen Wissenschaftler unter Leitung von Sunil Bajpai vom Indian Institute of Technology inmitten der gigantischen Tagebaubagger auf winzige Zähnchen. Nähere Untersuchung ergab, dass die nur Bruchteile eines Millimeters großen Zähnchen von einem Vertreter des Primatenzweigs der Anthropoiden stammen, aus dem sich später die heutigen Affen, Menschenaffen und auch Menschen entwickelten.

„Die meisten Fossilien vorzeitlicher Primaten bestehen aus Zähnen, weil diese sich gut erhalten und sehr hart sind“ erklärt Blythe Williams, Anthropologe von der Duke Universität. „Manchmal haben wir Glück und finden einen Schädel, aber in diesem Fall sind ein paar Zähne alles was wir haben.“ In diesem Fall handelt es sich um zwei obere und einen unteren Backenzahn.

Neue Gattung der Urprimaten

Das Fossil repräsentiert nicht nur eine bisher unbekannte Art, sondern auch eine neue Gattung der Anthropoiden. Die Wissenschaftler benannten sie Anthrasimias gujaratensis, zusammengesetzt aus dem griechischen Wort für Kohle, dem lateinischen Begriff für Affen und dem indischen Staat Gujarat, in dem die Zähnchen entdeckt worden sind.

Das nur 60 bis 80 Gramm schwere Tier ernährte sich vermutlich von Früchten und Insekten, das schließen die Wissenschaftler aus der Form der gefundenen Zähne. „Aus der Zahnform und Größe könne wir auf das Körpergewicht und die Ernährung des Tieres schließen“, so Williams. „Denn die Zahnkronen entwickeln sich unterschiedlich, je nachdem, ob es vorwiegend Früchte, Blätter oder Insekten frisst.“ Wie Anthrasimias aber darüberhinaus ausgesehen haben könnte, darüber wollen die Forscher ohne weitere Fossilfunde noch nicht spekulieren.

Ältester Vorfahr von Menschenaffen und Menschen?

Mithilfe von mikroskopischen Analysen von fossilem Plankton in derselben Bodenschicht datierten die Forscher die Zähnchen auf ein Alter von 54,5 Millionen Jahre. In der gleichen Schicht des Vastan Kohlenfelds hatten die Wissenschaftler noch zwei andere Zahntypen entdeckt, die ebenfalls von Primaten stammen. Strukturelle Unterschiede deuten jedoch darauf hin, dass nur Anthrasimias zu den Anthropoiden gehört.

„Anthrasimias könnte damit der älteste Anthropoid der Welt sein”, so die Forscher in ihrer Studie. Streitig machen könne diesen Rekord nur noch ein Fossilfund aus Marokko, von dem jedoch nicht eindeutig geklärt sei, ob es sich dabei tatsächlich um einen Anthropoiden handelt.

„Das ist auf jeden Fall der älteste Anthropoide Indiens und Asiens“, erklärt Richard Kay, Professor für evolutionäre Anthropologie an der Duke Universität. Bisherige Fossilfunde belegen, dass es in Nordamerika, Asien und Europa schon vor mindestens 55 Millionen Jahren Primaten gab. Die ältesten Zeugnisse von anthropoiden Primaten allerdings reichen nur 45 Millionen Jahre zurück. „Wir liegen fast zehn Millionen Jahre vor jedem bisher beschriebenen asiatischen Anthropoiden“, ergänzt Williams. „Die neuen Fossilien sind aufregend, denn sie zeigen dass die Anthropoiden-Linie weitaus älter ist als wir angenommen haben.“

(Duke University, 06.08.2008 – NPO)

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