Atemberaubende Bilder eines versteinerten Platanenblattes verraten uns heute, wo die Pflanze vor über 50 Millionen Jahren welche Metalle in ihrem Blatt angesammelt hat. Zu verdanken haben wir diese Bilder einem Team aus Synchrotron-Experten, Paläontologen und Geochemikern. Sie beschossen fossile Platanenblätter mit extrem heller Röntgenstrahlung und erstellten die erste chemische Karte eines prähistorischen Blattes.
Millionen von Jahren können Fossilien erhalten bleiben und sie erlauben Forschern, einen Blick in die Vergangenheit zu werfen. Wie bestimmte Tier- und Pflanzenarten sich über die Zeit an verschiedene Bedingungen angepasst haben, kann uns die Erforschung solcher Zeitzeugen verraten. Mit modernen Methoden werfen Wissenschaftler dabei einen immer genaueren Blick auf und in die Fossilien. Nicht nur tierische, sondern auch pflanzliche Zeitzeugen sind zum Teil über Jahrmillionen erhalten geblieben.
Heller als Millionen Sonnen
Britische und US-amerikanische Wissenschaftler haben nun das Fossil eines Platanenblattes aus dem Eozän beleuchtet. Dieses fiel vor über 50 Millionen Jahren auf dem Boden. In der sogenannten Green River Formation, einem Gesteinsverband im Nordwesten der USA, haben viele dieser Blätter Jahrmillionen überdauert.
Um die chemischen Elemente in den versteinerten Blättern sichtbar zu machen bombardierten die Forscher das Blatt mit Röntgenstrahlung aus gleich zwei Synchrotron Teilchenbeschleunigern, dem der Stanford Synchrotron Radiation Lightsource in Stanford und dem der Diamond Light Source in Oxfordshire.
Heller als das von Millionen von Sonnen produzierte Licht ist diese Strahlung. Molekulare und atomare Bestandteile werden unter den extrem hellen Röntgenstrahlen sichtbar und erlauben den Forschern eine Art biochemische Karte der prähistorischen Pflanzenteile zu erstellen.
Metalle und Raupenfraß sichtbar gemacht
„Wir wissen, dass eine Pflanze aus chemischer Sicht hunderte von Millionen Jahren konserviert sein kann – diese chemische Konservierung nutzen wir heute in Form der fossilen Brennstoffe. Dies betrifft jedoch nur den brennbaren Anteil. Keiner hat bis heute die Erhaltung anderer biochemischer Komponenten, wie etwa Metalle in fossilen Pflanzen untersucht“, erläutert Erstautor Nicholas Edwards von der University of Manchester.
In detaillierten Bildern zeigen die Forscher, wo genau in den versteinerten Blättern verschiedene chemische Elemente des Periodensystems vorzufinden sind. Kupfer, Zink und Nickel sammeln sich an bestimmten Strukturen des Blattes, wie sie beobachteten: Entlang der Blattadern und der Blattumrandung sind diese Elemente in den Bildern deutlich sichtbar.
„Ein besonders schönes Exemplar hatte eine prähistorische Raupe angeknabbert“, schwärmt Edwards. Die Raupen scheiden das gefressene Grünzeug schnell wieder aus. Dabei bilden sie typische kanalartige Strukturen auf den Blättern. Und auch diese Kanäle sind bis heute erhalten geblieben. „Die chemische Zusammensetzung der fossilen Kanälen stimmte erstaunlich gut mit der des angeknabberten Blattes überein“, fügt der Forscher hinzu.
Konserviert durch Kupfer
Doch stellen diese Elemente wirklich Zeitzeugen dar oder sind sie vielmehr erst durch den Versteinerungsprozess in das Blatt gelangt? Um diese Frage zu klären, untersuchten die Forscher außerdem ein heutiges, „modernes“ Blatt. Nahezu identisch war die Verteilung der Metalle in dem versteinerten und dem modernen Blatt, wie sie beobachteten. Dies lässt die Experten darauf schließen, dass die Metalle tatsächlich über Jahrmillionen an der Position verblieben sind, an der sie damals ihre Funktion ausübten.
Zugleich geben die Ergebnisse auch eine mögliche Erklärung dafür, wie einzelne Exemplare über enorme Zeiträume konserviert sein könnten. „Wir nehmen an, dass Kupfer für die Konservierung entscheidend war. Als natürliches Biozid könnte es dazu beigetragen haben, den mikrobiellen Abbau des Blattes zu verlangsamen“, vermutet der Paläontologe Phil Manning von der von der University of Manchester.
In Zukunft wollen die Forscher nun besser verstehen, welche Rolle Metalle im Laufe der Evolution für Pflanzen gespielt haben. Übergangsmetalle etwa spielen heute eine wichtige Rolle bei dem Einfangen der Lichtenergie durch die Pflanzen. „Wir konnten hier zeigen, welche Metalle wo in prähistorischen Pflanzen vorlagen. Eventuell hilft uns das dabei, bald zu verstehen wie die komplexen Funktionen des Lebens über ehr lange Zeitperioden entstanden sind, resümiert Uwe Bergmann von dem Stanford Linear Acceleration Center. (Metallomics, 2014; (University of Manchester, 26.03.2014 – KEL)