Paläontologie

Frühe Vögel flogen „mit allen Vieren“

Aerodynamische Federn an den Hinterbeinen des Archaeopteryx unterstützen „Trees-down“-Hypothese

Wie begann der erste Vogel zu fliegen: vom Baum herunter oder vom Boden aufsteigend? Über diese Frage streiten sich die Evolutionsforscher seit langem. Jetzt haben Paläontologen flügelähnliche Strukturen an allen vier Extremitäten des urzeitlichen Vogels Archaeopteryx nachgewiesen und schließen daraus, dass dieser damit nicht laufend vom Boden hätten abheben können.

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In einer jetzt in der Fachzeitschrift Paleobiology erschienenen Studie fordert Nick Longrich, Paläontologe an der Universität von Calgary, die Vertreter der „Ground-up“-Theorie heraus. Nach dieser entwickelte sich die Flugfähigkeit der Vögel nach und nach aus dem schnellen Laufen heraus. „Die Diskussion über die Anfänge des Vogelfluges sind von den ‚ground-up’ und ‚trees down' Hypothesen dominiert“, erklärt Longrich. „Diese Studie legt einige der bisher stärksten Belege dafür vor, dass Vögel von baumbewohnenden Gleitern, ähnlich den modernen Eichhörnchen, abstammen.“

Das erste Fossil des aus dem Jura stammenden Urvogels Archaeopteryx lithographica wurde 1861 in Deutschland entdeckt, zwei Jahre nachdem Charles Darwin seine „Entstehung der Arten“ veröffentlicht hatte. Seither sind noch acht weitere Überreste dieser Reptilien-Vogel-Übergangsform gefunden worden. Diese Art gilt als der beste Beleg dafür, dass sich die Vögel aus Dinosauriern entwickelten, denn Archaeopteryx besitzt sowohl Federn und einen vogeltypischen „Wunschknochen“ als auch reptilientypische Merkmale wie einen langen Knochenschwanz, Krallen und Zähne.

Obwohl Wissenschaftler bereits früh federähnliche Strukturen auch an den Hinterbeinen der Tiere beobachteten, wurden sie lange Zeit als bloß der Wärmeisolation dienend abgetan. Eine Rolle bei der Fortbewegung sprach man ihnen ab. Erst als im Jahr 2002 eindeutig vierflügelige Dinosaurier in China entdeckt wurden, begannen Forscher, auch die Federn an den Hinterbeinen des Archaeopteryx genauer anzuschauen. Für seine Studie untersuchte Longrich nun gezielt die Befiederung der vorhandenen Archaeopteryx-Fossilien. Er stellte fest, dass auch die Beinfedern der Dinosaurier eine aerodynamische Struktur aufweisen und damit als auftriebsstärkende „Nebenflügel“ fungiert haben könnten.

“Die Idee eines mehrflügeligen Archaeopteryx gibt es seit mehr als hundert Jahren, aber sie erhielt kaum Aufmerksamkeit”, erklärt Longrich. „Ein Grund dafür ist vermutlich, dass Menschen dazu neigen nur das zu sehen, was sie erwarten oder sehen wollen. Jeder weiß, dass Vögel keine vier Flügel haben, also haben wir sie übersehen, selbst als sie direkt unter unserer Nase waren.“

(University of Calgary, 22.09.2006 – NPO)

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