Legendäre Geschichte: In England entdeckte Manuskript-Fragmente sind eines der ältesten erhaltenen Zeugnisse des Sagenzyklus um König Artus und den Zauberer Merlin. Denn wie neue Analysen belegen, wurde der Text auf den Pergamentseiten zwischen 1250 und 1275 in Nordfrankreich niedergeschrieben – und damit kurz nach dem Ursprung des als „Lancelot-Gral-Zyklus“ bezeichneten Sagenzyklus. Die jetzt entdeckte frühe Fassung enthält einige Abweichungen zu späteren Versionen.
Die Geschichten um den Zauberer Merlin, seinen Schützling König Artus und die Ritter der Tafelrunde sind heute weltberühmt. Die Ursprünge dieser Figuren und der mit ihnen verknüpften Gralslegende reichen jedoch bis ins frühe Mittelalter zurück. Schon im zehnten Jahrhundert gab es Berichte aus dem angelsächsischen Sprachraum von einem heldenhaften Anführer oder König und von einem mythischen Zauberer. Im frühen 13. Jahrhundert gelangten diese Geschichten nach Frankreich, wo sie erstmals zu einem Zyklus, dem Lancelot-Gral-Zyklus oder Vulgata-Zyklus zusammengefasst wurden.

Pergamente in der Bindung verborgen
Jetzt zeigt sich, dass einige im englischen Bristol entdeckte mittelalterliche Manuskriptseiten eine der frühesten Fassungen aus dem Merlin-Teil dieses Zyklus enthalten. Die sieben Pergament-Fragmente wurden im Jahr 2019 durch einen Zufall gefunden – sie waren in der Bindung von vier Büchern aus dem 15. Jahrhundert versteckt. Offenbar wurden die Manuskriptseiten damals ausgemustert und das Pergament für diesen Zweck recycelt.
Analysen belegen, dass die Jahrhunderte verborgenen Seiten nicht nur Teile der berühmten Merlin-Geschichte enthalten – sie sind auch eine ältesten noch erhaltenen Fassungen dieses Abschnitts des Vulgata-Zyklus, wie ein Team um Leah Tether von der University of Bristol ermittelt hat. „Wir konnten das Manuskript mittels Handschriftenanalyse auf die Zeit zwischen 1250 und 1275 datieren und es auf den Norden oder Nordosten Frankreichs lokalisieren“, so Tether.