Hoher Druck, große Hitze, glühende Lava: die Oberfläche der Venus ist heute eher lebensfeindlich. Doch in der Vergangenheit könnte der Schwesterplanet der Erde sogar einen Ozean aus flüssigem Wasser und tektonische Aktivität besessen haben. Darauf deutet eine erste Infrarotkarte der Südhalbkugel hin, die auch erste Aufschlüsse über die Gesteinszusammensetzung liefert.
Die Venus ist von dichten Wolken verhüllt, ein Blick auf ihre Oberfläche im sichtbaren Bereich des Lichts nicht möglich. Die einzigen hochauflösenden Aufnahmen der Oberflächenstrukturen stammen von Abtastungen mit Radarstrahlen. Sie aber geben keinen Aufschluss über die Zusammensetzung der Gesteine. Jetzt hat die Sonde Venus Express der Europäischen Raumfahrtagentur ESA eine erste Karte der venusianischen Südhalbkugel erstellt, die nicht auf Radar- sondern auf Infrarotwellen einer bestimmten Wellenlänge basiert.
Infrarotkarte enthüllt mögliches Granitgestein
Der große Vorteil dieser Methode: Gesteine unterschiedlicher chemischer Zusammensetzung geben auch verschiedene Mengen an Infrarotstrahlung an ihre Umgebung ab. Ähnlich wie eine Ziegelmauer beispielsweise tagsüber Hitze speichert und sie nachts ausstrahlt, ist auch das Wärmeaufnahme- und Speichervermögen natürlicher Gesteine unterschiedlich. Genau diesen Effekt machten sich die Planetenforscher der ESA zunutze.
Ihre aus mehr als tausend Einzelbildern zusammengestellte Karte liefert nun einen ersten Anhaltspunkt dafür, dass die Hochebenen des Planeten frühere Kontinente sein könnten, die einst von Ozeanen aus flüssigem Wasser umgeben waren. Die Gesteine auf den Plateaus Phoebe und Alpha Regio erscheinen im Infrarotlicht deutlich heller als der größte Teil der restlichen Planetenoberfläche. Auf der Erde erscheinen vor allem Granite so hell. Sie bilden den Großteil vieler Festlandssockel bei uns und sind meist älter als die ozeanischen Krustenteile.
Hinweis auf vorzeitliche Ozeane?
„Im Moment können wir nur sagen, dass die Plateau-Gesteine anders aussehen als der Rest. Das ist zwar noch kein Beweis, aber es ist konsistent“, erklärt Nils Müller von der Universität Münster und dem Institut für Planetenforschung des DLR in Berlin. Wenn es Granit auf der Venus gibt, dann muss es auch einen Ozean und Plattentektonik in der Vergangenheit gegeben haben”
Auf der Erde entsteht Granit beispielsweise dann, wenn wasserhaltiges Gestein der ozeanischen Kruste an den Subduktionszonen in die Tiefe gedrückt wird. Die Hitze schmilzt das Gestein und aufliegendes Sediment. Vulkanische Aktivität ist in diesen Beriechen häufig. Der hohe Wassergehalt der Schmelze lässt ein saures Magma entstehen, das in der Erdkruste beim Erstarren Granit bildet. Dieses gehört zu den häufigsten Gesteinen der kontinentalen Erdkruste.
Ob das Gestein der Hochplateaus auf der Venus tatsächlich aus Granit besteht und die Plateaus damit womöglich alte Kontinente sind, lässt sich letztlich nur durch eine Landung einer Sonde in diesen Gebieten nachweisen. Die Karte gibt nur erste Indizien dafür. Aber die Wissenschaftler schließen nicht aus, dass es früher einmal echte Meere gegeben hat.
Gibt es noch aktiven Vulkanismus?
Auch die Frage, ob es auch heute noch aktiven Vulkanismus auf der Venus gibt, beantworten die Infrarotmessungen bisher nicht eindeutig. Allerdings sind die registrierten Temperaturschwankungen der Oberfläche mit drei bis 20°C relativ gering, aktive Lavaströme würden durch einen sehr viel größeren Temperatursprung auffallen.
„Die Venus ist ein großer Planet, die durch radioaktive Elemente in ihrem Inneren aufgeheizt wird“, so Müller. „Eigentlich sollte sie genau so viel vulkanische Aktivität wie die Erde aufweisen.“ Es gibt immerhin einige Gebiete, die aus dunklerem Gestein zu bestehen scheinen und damit theoretisch aus frischerer Lava bestehen könnten. Insofern schließt der Forscher nicht aus, dass sich Belege für einen noch andauernden Vulkanismus finden lassen.
In jedem Falle liefert die neue Infrarotkarte den Wissenschaftlern ein neues Werkzeug, um den rätselhaften Schwesterplaneten der Erde besser zu verstehen und zu begreifen, warum sie sich so anders entwickelt hat als die Erde.
(ESA, 15.07.2009 – NPO)