Geowissen

Gashydrate vor der US-Ostküste beginnen zu zerfallen

Erwärmung des Meeres droht gewaltige Mengen Methangas aus den Sedimenten zu lösen

Golfstrom © NASA

Die Erwärmung des Atlantiks macht den Meeresgrund vor der US-Ostküste instabil: Auf einer Fläche von mehr als 10.000 Quadratkilometern beginnt sich Methangas aus den im Untergrund lagernden Gashydraten zu lösen. Das haben US-amerikanische Forscher entdeckt, als sie die Stabilität dieser Methanverbindungen vor der Küste des US-Bundesstaats North Carolina untersuchten. Gashydrate sind Wassermoleküle, die unter hohem Druck und tiefen Temperaturen das Treibhausgas Methan wie einen Käfig einschließen und so konservieren. Werden sie jedoch warm, zerfallen diese Käfige und setzen das Gas frei. Genau dieser Prozess sei bei rund 2,5 Gigatonnen Methanhydrat vor der US-Ostküste im Gange, warnen die Forscher im Fachmagazin „Nature“. Das Ganze ereigne sich zudem in einer Region, in der dadurch leicht ganze Teile des kilometerhohen Kontinentalschelfs abrutschen könnten.

Ursache der Destabilisierung ist nach Angaben der Forscher die Erwärmung des Ozeanwassers. „In den letzten 5.000 Jahren sind die Temperaturen der mittleren Wasserschichten im Westatlantik um acht Grad Celsius gestiegen“, schreiben Benjamin Phrampus von der Southern Methodist University in Dallas und seine Kollegen. Der vor der Küste fließende Golfstrom habe in dieser Zeit wahrscheinlich leicht seine Position geändert oder sich erwärmt. Dadurch wurde auch der Meeresboden wärmer und die Gashydrate verloren ihre Festigkeit.

Gashydrate könnten auch woanders bereits instabil sein

Wie die Forscher berichten, könnte Ähnliches weltweit auch in anderen Meeresgebieten ablaufen. „Es ist unwahrscheinlich, dass der westliche Rand des Atlantiks die einzige Region ist, in der die Gashydrate durch veränderte Meeresströmungen destabilisiert werden“, sagen die Forscher. Jüngste Studien hätten bereits gezeigt, dass es ähnliche Veränderungen der Wassertemperaturen auch im arktischen Ozean und im westlichen Pazifik geben könnte. Daher könne es gut sein, dass die 2,5 Gigatonnen Gashydrate vor der US-Ostküste nur ein Bruchteil dessen seien, was sich weltweit aufzulösen drohe.

Für ihre Studie hatten die Forscher den Meeresboden vor North Caroline mittels seismischer Wellen untersucht. „Die Grenze stabiler Gashydrate im Untergrund erscheint in diesen Messungen als starke Reflexion ähnlich dem Signal des Meeresgrunds“, erklären die Forscher. Dieses Signal sei in Tiefen von mehr als 1.000 Metern unter der Meeresoberfläche genau dort gewesen, wo es den theoretischen Modellen nach sein müsste. Im Meeresboden der flacheren Meeresgebiete erscheine diese Stabilitätsgrenze aber verschoben. Nach Angaben der Forscher ist dies ein Hinweis darauf, dass die Gashydrate in diesen küstennahen Sedimenten zu zerfallen beginnen.

Zone destabilisierter Gashydrate an der Küste vor North Carolina (rot) © B. Phrampus & M. Hornbach / Nature

Mögliche Folgen für Klima und Küsten

Methan ist ein starkes Treibhausgas und trägt zur Klimaerwärmung bei. Seine Freisetzung aus Gashydraten gilt als eine der Hauptursachen für eine Periode starker globaler Erwärmung vor 55 Millionen Jahren. Damals stiegen die Temperaturen innerhalb von nur rund 20.000 Jahren um etwa sechs Grad an. Ob das Zerfallen der Gashydrate vor der US-Küste einen ähnlichen Klimaeffekt haben könnte, ist allerdings noch unklar, wie die Forscher berichten. Denn die betroffene Menge entspreche nur 0,2 Prozent dessen, was während der urzeitlichen Warmzeit zerfiel. Zudem sei nicht bekannt, ob das zurzeit aus dem Gashydrat freiwerdende Methan auch in die Atmosphäre gelange.

Eine weitere Gefahr sind Rutschungen: Das Sediment des Meeresbodens verliert durch das austretende Gas seinen Halt. Von zahlreichen Hohlräumen durchsetzt, löst es sich an den abschüssigen Kontinentalabhängen und stürzt in die Tiefe. Solche Rutschungen können im Extremfall sogar Tsunamis auslösen wie vor rund 7.000 Jahren vor Norwegen der Fall. Die steil abfallende Schelfkante vor der US-Ostküste sei eine Region, die sehr anfällig für solche Ereignisse sei, sagen die Forscher. (doi:10.1038/nature11528)

(Nature, 25.10.2012 – NPO)

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