Geowissen

Geheimnis der „goldenen“ Fossilien gelüftet

Goldton von Ammoniten aus dem schwäbischen Posidonien-Schiefer kommt nicht von Katzengold

Ammonit
"Goldener" Ammonit aus dem schwäbischen Posidonien-Schiefer, einer weltweit berühmten Fossl-Lagerstätte. © Sinjini Sinha / University of Texas at Austin, Jackson School of Geosciences

Phosphat statt Pyrit: Viele Ammoniten aus dem schwäbischen Posidonien-Schiefer glänzen auffallend golden – bisher hielt man dies für Einlagerungen von Katzengold. Doch jetzt enthüllen Analysen eine andere Ursache für den fossilen Goldglanz. Demnach ist nicht Pyrit, sondern vornehmlich Calciumphosphat für den Goldton verantwortlich. Das wiederum bedeutet, dass diese berühmte Lagerstätte nicht unter dauerhaft anoxischen Bedingungen entstanden sein kann, wie bisher angenommen.

Der schwäbische Posidonien-Schiefer ist weltberühmt. Diese rund 180 Millionen Jahre alte Ölschiefer-Formation birgt einen einzigartigen Reichtum an Fossilien aus dem unteren Jura. Damals lag in dieser Region ein Seitenarm des Tethysmeeres, an dessen Grund es immer wieder zu sauerstoffarmen Bedingungen kam. Dies hemmte die Zersetzung von auf den Grund gesunkenen tierischen und pflanzlichen Überresten und der feine Tonschlamm sorgte für die nahezu perfekte Umhüllung und Konservierung dieser Fossilien.

"goldene" Ammoniten
Bisher nahm man an, dass Einlagerungen von Pyrit diesen Ammoniten ihre goldenen Färbung verleiht. © Rowan Martindale/ University of Texas at Austin, Jackson School of Geosciences

Zu den Fossilien aus dem schwäbischen Ölschiefer gehören die Überreste von meeresbewohnenden Ichthyosauriern, Plesiosauriern und Urzeitkrokodilen ebenso wie Flugsaurier, Fische und Krebstiere. Selbst die Weichteile von Kopffüßern und fragile Seelilien sind in diesen Lagerstätten erhalten.

Was macht die Posidonien-Ammoniten so golden?

Ungewöhnlich jedoch: Vor allem die Ammoniten aus dem Posidonien-Schiefer zeigen eine auffallende Goldtönung. „Wenn man dort in die Steinbrüche geht, leuchten einem die goldenen Ammoniten aus den schwarzen Ölschiefertafeln geradezu entgegen“, berichtet Seniorautor Rowan Martindale von der University of Texas in Austin. Bisher nahm man an, dass diese Goldfärbung auf die Einlagerung des Minerals Pyrit (FeS2) zurück geht – eines auch als Katzengold bekannten Eisensulfid-Minerals.

Gängiger Annahme nach lösten sich die Kalkschalen der Ammoniten während der Fossilisierung auf, aber die organischen Schichten der gewundenen Panzer blieben im Schlamm konserviert. Unter den anoxischen Bedingungen des Jurameeres lagerte sich dann mit der Zeit Pyrit in diese Strukturen ein. Doch trotz der Prominenz der Posidonia-Fossilien wurde dieses Szenario bisher nie richtig überprüft. „Es gab keine Studie, die die Mineralisation der Fossilien im Posidonien-Schiefer gründlich beschrieben hat“, so Martindale und seine Kollegen.

Das haben die Geologen nun nachgeholt: Für ihre Studie unterzogen sie 70 verschiedene Fossilien aus dem Posidonien-Schiefer, darunter Ammoniten, Belemniten, Muscheln, Armfüßer, Krebse und Wirbeltiere, einer gründlichen mineralogischen und chemischen Analyse.

Phosphate statt Pyrit

Die Analysen ergaben Überraschendes: „Wir hatten Mühe, überhaupt Pyrit in den Fossilien zu finden“, sagt Martindale. Zwar war der umgebende dunkle Ölschiefer mit mikroskopisch kleinen Pyritkristall-Clustern durchsetzt, den sogenannten Framboiden. Doch in den Fossilien selbst kamen diese kaum vor. „Bei einigen Proben zählte ich 80 Framboide in der Schiefermatrix, während es in den Fossilien nur drei oder vier davon gab“, berichtet Martindales Kollegin Sinjini Sinha.

Stattdessen identifizierten die Forschenden andere Minerale in den Fossilien, darunter vor allem Calciumphosphate und Calciumcarbonate. „Eindeutige Beispiele für eine solche Phosphatisierung lieferten Ammonitenschalen, Krebspanzer, Ichthyosaurier-Fossilien und auch die versteinerten Tintensäcke, Drüsen und Mantelgewebe von Kopffüßern“, berichtet das Team. Zwar waren in Brüchen dieser Fossilien auch Pyrite und andere schwefelhaltige Minerale nachweisbar. Diese Risse entstanden aber wahrscheinlich erst, als die bereits versteinerten Fossilien durch den Druck des aufliegenden Gesteines komprimiert wurden.

Erst Sauerstoffschübe machten die Fossilien haltbar

Diese Ergebnisse legen nahe, dass der Goldglanz der Ammoniten und anderer Fossilien aus dem Posidonien-Schiefer nicht auf die Einlagerung von Katzengold zurückgeht, sondern eher auf gelblich aussehende Phosphate. Gleichzeitig jedoch wirft dies ein ganz neues Licht auf die Bedingungen, unter denen diese Fossilien entstanden. „Dies verändert unsere Sicht auf diese berühmte Fossillagerstätte dramatisch“, sagt Martinsdale.

Der Grund: Während Pyrit unter anoxischen Bedingungen gebildet wird, benötigen die Phosphate Sauerstoff für ihre Entstehung. Demnach können die Fossilien im Posidonien-Schiefer – anders als bislang angenommen – nicht komplett unter sauerstoffarmen Bedingungen gebildet worden sein. Es muss am Grund des Jura zumindest zwischendurch auch einen Einstrom von sauerstoffreicherem Wasser gegeben haben. Nur so konnten die Phosphate sich in die Gewebe einlagern, bevor diese zerfielen.

Nach Ansicht der Forschenden bedeutet dies, dass die anoxischen Bedingungen während des unteren Jura zwar die Bühne für die Fossillagerstätte bereiteten, beispielsweise indem sie die Zersetzung hemmte und Aasfresser fernhielt. Um die Fossilien aber dann über Jahrmillionen zu konservieren, war Sauerstoff nötig, der die Umwandlung der organischen Materialien in haltbare Phosphatminerale förderte. (Earth-Science Reviews, 2023; doi: 10.1016/j.earscirev.2023.104323)

Quelle: University of Texas at Austin

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