Nur wenige Wochen nach der Vorstellung des „Mini-T.rex“ Raptorex kriegsteini haben Paläontologen nun in der Fachzeitschrift „Proceedings of the National Academy of Sciences” (PNAS) erneut ein Familienmitglied der Tyrannosaurier präsentiert. Das in der Wüste Gobi entdeckte außerordentlich gut erhaltene Fossil ist zierlich, besitzt eine lange Schnauze und Hörner und teilte vermutlich den gleichen Lebensraum wie seine größeren Verwandten.
Tyrannosaurier waren die dominierenden Fleischfresser am Ende der Kreidezeit. Die Unterfamilie, zu der auch der Tyrannosaurus rex gehörte lebte im Gebiet des heutigen Nordamerika bis nach Asien hinein. Zu ihr gehörten auch Tarbosaurus und Alioramus. Während ersterer dem T.rex in Größe und Lebensweise glich und ebenfalls massive Kiefer besaß, waren vom Alioramus bisher nur unvollständige Relikte gefunden worden, die keine Auskunft darüber gaben, ob dieser Saurier tatsächlich zur Tyrannosaurusfamilie gehörte, ein primitiverer Cousin war oder aber vielleicht nur ein Jungtier des Tarbosauriers.
Entdeckung in der Wüste Gobi
Im Jahr 2001 dann entdeckte eine Expedition von Forschern des American Museum of Natural History in New York in der Wüste Gobi neue Knochen von Alioramus altai – in einer Fundstätte zwischen Tarbosaurierfossilien. Das neue Skelett wies anatomisch durchaus Ähnlichkeiten mit diesen auf, auch wenn es nur halb so groß war und vermutlich lebend nur 369 Kilogramm auf die Waage brachte. Doch das eigentlich auffällige war der Schädel: Eine lange Schnauze und acht Hörner, jeder von ihnen rund zwölf Zentimeter lang, unterschied ihn von allen bisher bekannten Tyrannosauriern.
Fleisch fressende Ballerina
Obwohl dieser Dinosaurier ebenfalls Fleischfresser war, sind seine Zähne zudem schmal, die Muskelansatzstellen nur schwach ausgeprägt. „Dieses spektakuläre Fossil zeigt uns, dass es viel mehr anatomische und ökologische Variation bei den Tyrannosauriern gibt als wir bisher dachten“, erklärt Stephen Brusatte, Mitarbeiter am American Museum of Natural History. „Nicht alle Tyrannosaurier waren Megaprädatoren, angepasst an das Jagen und Töten von großer Beute. Einige von ihnen waren stattdessen klein und zierlich. Verglichen mit einem T.rex ist dieses neue Tier eine Ballerina.“
Die Analyse der Hirnschale mithilfe von computertomografischen Aufnahmen zeigt eindeutig, dass Alioramus tatsächlich zu den Tyrannosauriern gehört. Große Luftsäcke und Riechkolben und ein kleines Innenohr sind charakteristische Merkmale dieser Familie. Die Mikrostruktur der Knochen, untersucht von Gregory Erickson von der Florida State Universität enthüllte zudem, dass dieses Tier als Neunjähriger starb und damit ein Teenager mit rund 85 Prozent seiner endgültigen Größe war.
Koexistenz mit größeren Tyrannosauriern
„Dieses Fossil enthüllt einen völlig neuen Körpertyp unter den Tyrannosauriern, einer Gruppe, von der wir glaubten sie sehr gut zu kennen“, erklärt Mark Norell, Leiter der Paläontologischen Abteilung des Museums. ‚“die unterschiedliche Körperform erlaubte es Alioramus und Tarbosaurus vermutlich zu koexistieren. Wir haben damit eindeutige Belege dafür, dass zwei sehr unterschiedliche Tyrannosaurier in Asien zur gleichen Zeit und am gleichen Ort lebten – ähnlich wie heute, wo Löwen und Geparden in den gleichen Gebieten leben, aber ihre Umwelt anders nutzen.“
(American Museum of Natural History, 06.10.2009 – NPO)