Biologie

Gene machen Spinnmilben immun gegen Pestizide

Entschlüsselung des Erbguts hilft bei Bekämpfung des weltweiten Pflanzenschädlings

Rasterelektronenmikroskopische Aufnahme einer erwachsenen Spinnmilbe (Tetranychus urticae), sie erreicht eine Größe von weniger als einem Millimeter. © Stephane Rombauts and Wannes Dermauw

Forscher haben aufgeklärt, warum die winzige Spinnmilbe ein so erfolgreicher und widerstandsfähiger Pflanzenschädling ist: Ihr Erbgut enthält ungewöhnlich viele Gene, die sie gegen Pflanzengifte und Pestizide immun machen. Das zeigt die erste Entschlüsselung des Genoms dieses weltweit verbreiteten Schädlings. Die Genkarte der Spinnmilbe sei nicht nur die erste eines Spinnentieres. Sie gebe auch wichtige Hinweise darauf, wie sich diese Pflanzenschädlinge in Zukunft effektiver bekämpfen lassen könnten, berichtet das internationale Wissenschaftlerteam im Fachmagazin „Nature“.

Die Spinnmilbe Tetranychus urticae kann mehr als 1.100 verschiedene Pflanzenarten befallen – von der Topfpflanze auf der heimischen Fensterbank über Maisfelder bis hin zu ganzen Obstplantagen. Das winzige Tier saugt dabei selbst hochgiftige Pflanzensäfte ohne Schaden zu nehmen. Gegen Schädlingsbekämpfungsmittel werden die Spinnmilben meist schon nach zwei bis vier Jahren immun. „Kein anderes Gliedertier hat ein so hohes Vorkommen von Resistenzen wie die Spinnmilbe“, schreiben Yves Van de Peer von der Universität Ghent in Belgien und seine Kollegen.

Eine Spinnmilbe (Tetranychus urticae) von der Seite gesehen, aufgenommen mit einem Rasterelektronenmikroskop. © Nature / Vladimir Zhurov / University of Western Ontario

Kompaktes Genom

Für diese enorme Anpassungsfähigkeit fanden die Forscher gleich mehrere Erklärungen im Erbgut der Spinnmilben: „Das Genom der Milbe ist zwar mit 90 Millionen Basenpaaren das kleinste unter allen Gliedertieren“, berichten die Wissenschaftler. Dafür aber sei es sehr kompakt. Es enthalte unter anderem rund drei Mal mehr Entgiftungs-Gene als das Erbgut der Insekten. Viele von diesen Genen seien zuvor völlig unbekannt gewesen. Andere kannte man vorher nur von Bakterien und Pilzen, nicht aber von mehrzelligen Organismen.

Wie die Forscher berichten, schalten die Spinnmilben diese Gene je nach Bedarf an oder ab, wenn sie eine neue Pflanze befallen. Dadurch können sie gezielt das jeweils benötigte Entgiftungsprogramm abrufen und sich so an ganz unterschiedliche Pflanzen und deren Inhaltsstoffe, aber auch an vom Menschen ausgebrachte Pestizide anpassen.

Vergleich eines gesunden Pflanzenblattes (links) mit einem von Spinnmilben befallenen Blatt, erkennbar an der gelblichen Verfärbung der Zellen, die durch das Aussaugen entsteht. © Richard Clark / University of Utah

Klimawandel verstärkt Spinnmilben-Befall

Weil sich Spinnmilben bei Wärme schneller vermehren, gelten die Pflanzenschädlinge als mögliche Profiteure des Klimawandels. „Computermodelle sagen voraus, dass die Schäden durch Spinnmilben in der Landwirtschaft durch die globale Erwärmung deutlich ansteigen werden“, schreiben Van de Peer und seine Kollegen.

Die neuen Erkenntnisse seien daher wichtig, um die Pflanzenschädlinge zukünftig wirkungsvoller zu bekämpfen. „Wenn wir die biologischen Mechanismen kennen, die die Spinnmilben zum Pflanzensaugen einsetzen, dann können wir auch chemische und biologische Methoden entwickeln, um diese Mechanismen zu blockieren“, sagt Richard Clark von der University of Utah, einer der Mitautoren der Studie. Die Entschlüsselung des Spinnmilben-Erbguts liefere nun die Chance dazu. (Nature, 2011; doi:10.1038/nature10640)

(Nature / dapd, 24.11.2011 – NPO)

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