Wetter, Flussläufe oder Meere kümmern sich nicht um Ländergrenzen. Bei Wetterkatastrophen oder dem Schutz von Naturreservaten ergeben sich hieraus Probleme, die häufig nur grenzüberschreitend zu lösen sind. Doch bei den dazu notwendigen Geodaten herrscht in Europa noch weitgehende Heterogenität. Das im Oktober gestartete EU-Projekt HUMBOLDT soll daher nun die länderübergreifende Harmonisierung von Geodaten erleichtern.
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Die Elbehochwasser 2006 und 2002, das Alpenhochwasser 2005 oder das Oderhochwasser 1997 – in regelmäßigen Abständen haben Deutschland und seine Nachbarländer mit extremen Hochwassern zu kämpfen. Oft sind mehrere Länder gleichzeitig betroffen, denn Flussläufe und Wettereinflüsse enden nicht an Ländergrenzen. Die zur Vorbeugung und Bekämpfung der Hochwasser notwendigen Geodaten jedoch liegen in den verschiedenen Ländern in unterschiedlichen Formaten und in verschiedenen Systemen vor. So wird eine grenzüberschreitende Zusammenarbeit schwierig. Eine europaweite Harmonisierung der Daten, wie sie in anderen Bereichen schon längst besteht, gibt es bislang nicht. Dabei werden die Geodaten nicht nur bei der Bekämpfung von Naturkatastrophen benötigt. Sie kommen auch bei der Sicherung von Grenzen oder beim Schutz von Wäldern, Naturreservaten und Meeren zum Einsatz.
Teure Anfangsinvestition
Um einen europaweiten Zugang zu relevanten Geodaten zu erreichen, wurde deshalb die Initiative INSPIRE ins Leben gerufen. Bevor die Daten allerdings von einem System in ein anderes überführt werden können, sind einige Hürden zu nehmen. So werden beispielsweise einzelne Begriffe unterschiedlich definiert und eine unsachgemäße Vereinheitlichung würde zu immensen Datenverlusten führen. Dazu kommt, dass zahlreiche europäische Organisationen von der INSPIRE-Initiative betroffen sind. Die Kosten für die Datenharmonisierung werden dementsprechend auf rund 25 Milliarden Euro geschätzt.
HUMBOLDT sammelt Geodaten
Unterstützung bietet hier das am 1. Oktober 2006 gestartete EU-Projekt HUMBOLDT. Ziel des Projekts ist es einerseits, die Harmonisierung der Geodaten zu erleichtern und andererseits, die notwendigen Prozesse so weit als möglich zu automatisieren und dadurch die mit der Harmonisierung verbundenen Kosten zu senken. „Beginnen werden wir mit einer Analyse der bestehenden Geodaten, um herauszufinden, mit welchen unterschiedlichen Arten von Daten wir es zu tun haben. Darauf basierend werden wir eine Prozessanalyse durchführen, die zeigt, welche Schritte nötig sind, um die Daten in ein einheitliches Schema zu überführen. Letztlich werden wir einen Software-Framework sowie einige Tools erstellen, die die europäischen Geodatenanbieten dann einheitlich einsetzen können,“ beschreibt Daniel Holweg, Leiter des Projekts am Fraunhofer-Institut für Graphische Datenverarbeitung, die Vorgehensweise.
Wichtiges Element des Projekts ist die Entwicklung von Szenarien, in denen die einzelnen Komponenten unter realistischen Bedingungen angewandt werden. Die Szenarien zeigen beispielsweise Anwendungen zur effektiven Grenzkontrolle und Sicherheit in ländlichen Gebieten, zum Risikomanagement für Wetterkatastrophen, zum Schutz grenzüberschreitender Waldgebiete oder zum Management von Naturschutzgebieten. „Die Vielfalt der Szenarien macht auch deutlich, wie viele unterschiedliche Bereiche von einer Harmonisierung der Geodaten profitieren werden,“ so der Wissenschaftler.
Insgesamt 27 Partner aus 14 europäischen Ländern arbeiten unter Leitung der Abteilung Graphische Informationssysteme des Fraunhofer IGD im HUMBOLDT-Projekt. Das Projekt hat eine Laufzeit von vier Jahren und ein Gesamtvolumen von 13,5 Millionen Euro. Die GMES – Global Monitoring for Environment and Security – eine europäische Initiative für Sicherheit und Umweltüberwachung, fördert HUMBOLDT mit 7,9 Millionen Euro aus dem 6. Europäischen Forschungsrahmenprogramm. Die GMES wird auch in erster Linie von den Ergebnissen des Projekts profitieren.
(idw – Fraunhofer-Institut für Graphische Datenverarbeitung IGD, 09.10.2006 – AHE)