Die amerikanisch-deutsche Satellitenmission GRACE (Gravitiy Recovery And Climate Experiment) hat mehr als ein Jahr nach dem Start die bisher genaueste Karte des Gravitationsfeldes unseres Planeten geliefert. Danach ist der Einfluss der Erde über dem Himalaya und in den Anden besonders groß, während das Schwerefeld im Indischen Ozean, über den Antillen und Teilen Nordamerikas vergleichsweise gering ist.
Noch während der Testphase der Instrumente konnten bereits Monate vor dem routinemäßigen Messbetrieb der Mission auf deutscher und amerikanischer Seite Schwerefeldmodelle berechnet werden, die entscheidend zur Entschlüsselung und Interpretation von dynamischen Vorgängen im Inneren und an der Oberfläche der Erde beitragen werden. Ziel der Mission ist es, die Zirkulationen ozeanischer Wassermassen und den globalen Wasserkreislauf zu erfassen und die Auswirkungen dieser dynamischen Prozesse auf Klima und Umwelt zu entschlüsseln.
Prof. Byron Tapley, Leiter der GRACE-Mission am Center for Space Research der Universität Texas in Austin, nannte das erste US GRACE Schwerefeldmodell „A feast for oceanographers“. Dieses erste GRACE-Modell stellt einen bedeutenden Fortschritt in unserem Kenntnisstand über das Schwerefeld der Erde dar und wird völlig neue Einblicke in die Dynamik der Weltozeane ermöglichen, die einen starken Einfluss auf das Wettergeschehen, die globale Veränderung des Klimas, aber auch auf die Fischereiwirtschaft hat.
Erreicht wird dieses Ziel über eine deutlich verbesserte Bestimmung des sogenannten Geoides, der imaginären Fläche, die ein im Ruhezustand befindlicher, die gesamte Erde vollständig bedeckender Weltozean unter dem Einfluss der Schwerkraft besitzt. Diese Fläche kennen wir als „Normal-Null“; sie variiert global um ±100 m. „Die GRACE-Mission wird eine Bestimmung des Geoides mit cm-Genauigkeit erlauben, sagt Tapley.
Prof. Christoph Reigber vom GeoForschungsZentrum Potsdam, stellvertretender Leiter der GRACE-Mission, ergänzt: „Wenn alle Instrumente und Subsysteme der Satelliten ihre volle Funktionsfähigkeit erreicht haben, werden wir monatliche Schwerefeld-Modelle generieren, deren Qualität und Auflösung noch wesentlich besser als das jetzige am GFZ Potsdam erarbeitete GRACE-Schwerefeldmodell sein werden. Erst der Vergleich solcher zukünftiger sehr genauer Monatslösungen wird es ermöglichen, Massenumlagerungen im Erdinneren, auf den Kontinenten, in den Ozeanen und in den eisbedeckten Gebieten unseres Planeten über die damit zusammenhängenden zeitlichen Änderungen im Schwerefeld zu erfassen. Unsere ersten Versuche, derartige sehr kleine Schwerefeldvariationen zu erfassen, sehen bereits überaus erfolgversprechend aus.“
Die beiden in 490 Kilometer Höhe mit einem Abstand von 220 Kilometern hintereinander herfliegenden identischen GRACE-Satelliten reagieren empfindlich auf kleinste Änderungen in der Gravitationsbeschleunigung, wie sie durch die räumliche Verteilung der unterschiedlichen Massen verursacht werden. Diese Änderungen werden über eine extrem genaue Distanzmessung zwischen den beiden Satelliten – die Genauigkeit der Messung von Abstandsänderungen beträgt über die Strecke von 221 Kilometern etwa 1/10 der Breite eines Haares – bestimmt. In Zukunft werden GRACE-Schwerefeldmodelle Monat für Monat ermittelt, so dass saisonale, jährliche und mehrjährige hydrologische und atmosphärische Massenumlagerungen erfasst werden können.
(GFZ GeoForschungsZentrum Potsdam, 28.07.2003 – NPO)