Wie weit haben Sie es zum nächsten Supermarkt? In der Stadt brauchen sie vermutlich nicht mehr als zehn Minuten zu Fuß, vielleicht liegt er sogar direkt um die Ecke. Dass das so ist, ist höchstwahrscheinlich kein Zufall. Denn gerade die großen Lebensmittelketten mieten oder bauen heutzutage eine neue Filiale längst nicht mehr „irgendwo“, sondern ganz gezielt dort, wo möglicherweise noch Versorgungslücken, und damit ein potenzieller Absatzmarkt bestehen.
Um herauszufinden, wo das der Fall ist, nutzen sie eine Technologie, die sich inzwischen längst „klammheimlich“ in fast alle Bereiche unseres Alltags eingeschlichen hat – das GIS. Ohne die Geoinformationssysteme wäre vieles, was uns umgibt und von uns gebraucht wird, entweder nicht vorhanden, meilenweit entfernt oder aber sähe ganz anders aus. Ob die Bushaltestelle um die Ecke, das Funknetz für das Handy oder das neue Krankenhaus in unserem Stadtteil, in das wir bei einem Notfall schnell gebracht werden können – sie alle wurden wahrscheinlich auf der Basis eines Geoinformationssystems geplant und realisiert.
Discounter oder Edelmarken?
Für unsere Supermarktbetreiber heißt dies: Sie sammeln zunächst Daten über die bestehenden Einkaufsmöglichkeiten der möglichen Standorte. Wie weit sind die nächsten Supermärkte entfernt? Zu welchem Typ gehören sie? Wie ist die Verkehrsanbindung? Doch auch die Bevölkerungsstruktur wird unter die Lupe genommen: Leben hier vielleicht besonders viele Familien mit Kindern? Oder mehr ältere Menschen? Handelt es sich eher um Wohngebiet von „Besserverdienern“ oder doch vorrangig um Menschen mit geringeren Einkommen?
Um darüber entscheiden zu können, ob sich eine neue Filiale überhaupt lohnt, und ob der neue Supermarkt ein Geschäft der gehobeneren Klasse oder doch eher ein Billig-Discounter wird, müssen all diese Daten ausgewertet und vor allem kombiniert werden. Und genau hier hilft das GIS: Statt unübersichtlicher Datenreihen „spuckt“ es am Ende eine Karte aus, auf der im Idealfall farbige Markierungen genau zeigen, welche Standorte für welchen Supermarkttyp günstig wären oder nicht.
Und was hat das mit GEOTECHNOLOGIEN zu tun?
Auf den ersten Blick kaum etwas, so scheint es. Doch der Eindruck täuscht. Denn ohne die Vorarbeit von Geographen und Geoinformatikern, die das GIS in den 1970er Jahren überhaupt erst entwickelt haben, wären Standortsuchen wie diese heute erheblich aufwendiger und riskanter. Und die GIS-Entwicklungsarbeit ist noch lange nicht zu Ende: Die Datenmengen, die für die verschiedensten Anwendungen gebraucht und verrechnet werden müssen, werden immer mehr – sowohl bei alltagsrelevanten Fragen als auch in der Wissenschaft. In einigen Fällen stoßen bestehende Geoinformationssysteme dabei schon jetzt an ihre Grenzen.
Und genau hier leisten die Geowissenschaftler und Informatiker des Programms GEOTECHNOLOGIEN Pionierarbeit: Denn ihr Ziel ist es, intelligente Systeme zu entwickeln, die nicht nur riesige Datenmengen verarbeiten, sondern auch Daten aus verschiedenartigen, vernetzten Datenbanken zusammenführen und integrieren können. Zunächst hauptsächlich für geowissenschaftliche Aufgaben entwickelt, könnte die zugrundeliegende Technologie in Zukunft auch dem Alltag zugute kommen – wie schon jetzt das heutige GIS.
(g-o.de, 01.12.2003 – NPO)