Spätestens seit Galileo Galilei „dreht sich die Erde doch“. Nun können Wissenschaftler sogar mithilfe modernster Lasertechnik kleinste Schwankungen ihrer Drehgeschwindigkeit ermitteln.
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Das vom FuE-Programm GEOTECHNOLOGIEN geförderte Projekt „Entwicklung eines Ringlaser–Geosensors auf der Basis inertialer Rotationsmessung“ nutzt dabei eine längst bekannte Technologie – den Ringlaser. Diese Technik wurde bisher vorwiegend als Navigationshilfe in Flugzeugen eingesetzt. Doch die von der Universität Canterbury, der Oklahoma State University, der Technischen Universität München und des Instituts für Angewandte Geodäsie entwickelte Technologie sprengt alle bisher bekannten Dimensionen: Vier mal vier Meter ist beispielsweise der Ringlaser „G“ groß und so empfindlich, daß er eine Verlagerung der Rotationsachse der Erde um 5 cm noch feststellen kann. Für die Anwendungen in der Seismologie ist dies natürlich zu viel, daher hat der GEOsensor eine Kantenlänge von 2 m und ist zerlegbar, so daß er je nach Bedarf an einen neuen Aufstellungsort transportiert werden kann.
Laser in der Neonröhre
Von außen ist der Geosensor unscheinbar und nicht mehr als ein Viereck aus dünnen Metallröhren, von innen hingegen ein technisches Präzisionsgerät. Gefüllt mit einem Helium-Neon-Gasgemisch wird an einer Stelle innerhalb des „quadratischen Rings“ ein Laserstrahl angeregt. Dieser breitet sich gleichzeitig in beide Richtungen der Röhre aus. Mehrere Spiegel lenken die Laserstrahlen um ein quadratisches Flächenstück herum zu ihrem Ausgangspunkt zurück. An diesem Punkt kommt nun die Erdrotation ins Spiel. Denn wenn das Gerät ruhig stände, müssten sich beide Strahlen wieder exakt am Ausgangspunkt treffen.
Doch da der Ringlaser auf der sich drehenden Erdkugel aufgestellt ist, beeinflusst ihre Rotationsgeschwindigkeit auch die gesamte Anlage. Der Lichtstrahl, der sich mit der Erdrotation bewegt, hat einen minimal geringeren Weg zurückzulegen als der sich gegen die Erdrotation bewegende Laserstrahl. Die Folge: die Strahlen treffen sich nach ihrer Reise durch den Kreisel nicht genau in ihrem Ausgangspunkt sondern leicht versetzt wieder. Aus diesem messbaren Unterschied, auch „Sagnac Effekt“ genannt, lässt sich die Drehgeschwindigkeit des Kreisels und somit auch der Erdrotation bestimmen.
Millimeter-Arbeit reicht nicht
Doch die technischen Anforderungen an die Konstruktion eines Ringlasers sind hoch. Abweichungen im Aufbau des Kreisels und der Position der Laser zueinander dürfen nicht mehr als einen Nanometer betragen, das entspricht einem Millionstel Millimeter. Auch die Umlenkspiegel müssen von höchster Güte sein. Denn die Streuung der Lichtstrahlen würde sich gegenseitig beeinflussen und das Ergebnis durch Kopplung erheblich verfälschen. Kein Wunder also, dass für die Herstellung der die gleiche Technologie wie für die Gravitationswellendetektoren angewandt wird. Mindestens 99,999 Prozent des einfallenden Lichts werden auch tatsächlich weiter geleitet, der Rest geht hauptsächlich durch Absorption und Transmission verloren. Schaltet man beispielsweise die Laseranregung schlagartig ab, so legt das Licht noch eine Strecke von ca. 400 km zurück, bevor es aus dem Resonator verschwunden ist.
Doch der Ringlaser reagiert auch gegenüber äußeren Einflüssen wie Temperaturschwankungen oder Erschütterungen ausgesprochen empfindlich. Um diese weitgehend auszuschalten, wird das Gerät in einem Untergrundlabor eingerichtet. Der GEOsensor wartet zurzeit auf die Fertigstellung seines Labores im Cecil and Ida Green Piñon Flat Observatory (PFO) in Kalifornien. Mitten im Herzen des seismisch äußerst aktiven San Andreas Graben durchläuft der Geosensor ab dem Januar 2005 seinen ersten Dauerbelastungstest.
(TU München – FS Wettzell, GEOTECHNOLOGIEN, 16.12.2004 – AHE)