Extremchemie: Der innere Erdkern könnte neben Eisen und Nickel auch Sauerstoff in Form eines exotischen, eisenreichen Oxids enthalten, wie Hochdruck-Experimente nahelegen. Unter dem extremen Druck und der Hitze des Erdkerns kann demnach ein Eisenoxid entstehen, in dem sich jeweils zwei Eisenatom-Schichten mit einer Schicht Sauerstoffatome abwechseln. Diese zuvor unbekannte Verbindung könnte erklären, warum der Erdkern seismisch weicher ist als massives Metall.
Der innere, feste Erdkern ist der extremste und geheimnisvollste Ort unseres Planeten. Denn welche Struktur diese feste Metallkugel hat, wann sie erstarrte und welche Elemente außer Eisen und Nickel noch in ihr vorkommen, ist weitgehend ungeklärt. In den letzten Jahren mehren sich aber Hinweise darauf, dass der innere Erdkern weicher ist als gedacht und daher auch leichtere Elemente enthalten muss – mögliche Kandidaten dafür sind Wasserstoff, Schwefel, Silizium, Kohlenstoff und Sauerstoff, aber auch die Edelgase Helium und Xenon.
Rätsel um den Sauerstoff
Als möglicher Kandidat für ein leichtes Element im Erdkern gilt vor allem der Sauerstoff: „Sauerstoff war in jedem Stadium der Entstehung und Entwicklung der Erde präsent und die chemischen Interaktionen im tiefen Inneren umfassen auch einen Sauerstofftransfer zwischen Kern und Mantel“, erklären Jin Liu vom Zentrum für Hochdruckforschung und -technologie in Peking und seine Kollegen. „Doch obwohl Eisen und Sauerstoff als Schlüsselelemente der Planetenbildung gelten, ist die Präsenz von Sauerstoff im inneren Erdkern strittig.“
Das Problem: Bisher waren von Eisenoxid – der wahrscheinlichsten Form des Sauerstoffs im Erdkern – nur eisenarme Varianten bekannt. Sie jedoch passen nicht zu den Bedingungen im eisenreichen Erdkern. Purer Sauerstoff wiederum ist gängigen Modellen zufolge im festen Eisen nicht löslich. Liu und sein Team haben deshalb in Hochdruckexperimenten den extremen Druck und die Temperatur des Erdkerns imitiert und untersucht, ob dann vielleicht doch eisenreiche Eisenoxide entstehen.