Wohin mit giftigen, schwermetallhaltigem Schlamm beispielsweise aus Lagertanks der Ölindustrie? Verbrennen? Nein – ins Glas damit. Die Verglasung ist eine relativ neue Methode, um die Abfälle deponieren zu können. Eingeschlossen in das chemisch relativ stabile Material können die Giftschlämme dann gelagert werden. Aber wie sicher ist diese Methode? Das hat eine griechische Physikerin jetzt erforscht.
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Glas ist zerbrechlich und wem schon einmal eine volle Bierflasche heruntergefallen ist, der weiß, wie ärgerlich das sein kann. Deswegen erscheint es paradox, dass ausgerechnet Glas zur Deponierung toxischer Abfälle verwendet wird. Die Erklärung ist, dass Glas hierbei nicht als Behälter dient, vielmehr werden die giftigen Rückstände selbst unter Zugabe von Silikat und Natriumkarbonat zu Glas verarbeitet. Giftige Elemente wie zum Beispiel Schwermetalle werden dabei in die Glasmatrix eingebettet. Es bleibt aber die Frage: Wie beständig ist dieses Glas?
Die Physikerin Fani Pinakidou von der Aristoteles Universität Thessaloniki in Griechenland hat in ihrer Doktorarbeit derartiger Gläser und Glaskeramiken mit Hilfe der Synchrotronstrahlung bei BESSY untersucht. Dabei fand sie heraus, dass ihre chemische Beständigkeit direkt von der Präsenz der Schwermetalle, ihrer lokalen Umgebung in der Matrix und ihrer Wertigkeit abhängt. Für ihre Arbeit wird sie heute in Berlin mit dem Ernst-Eckhard-Koch Preis ausgezeichnet.
Vom Ölscchlamm zur Flugasche zum Glas…
In den Lagertanks der Ölindustrie sammeln sich giftige Schlämme an, die eine hohe Konzentration an Blei- und Eisenverbindungen enthalten. Für die Deponierung dieser Abfälle werden die festen Bestandteile der Schlämme zur sogenannten Flugasche verbrannt. Diese enthält zwar keine giftigen organischen Verbindungen mehr, aber immer noch eine hohe Konzentration weniger giftiger anorganischer Verbindungen. Die meist angewandte Deponierung dieser Flugasche stellt ein hohes Risiko dar, da die Schwermetalle heraus gelöst und Boden und Grundwasser verseucht werden können.
In den letzten Jahren wurde deswegen ein Verfahren zur Verglasung dieser Flugasche unter Zugabe von Silikat und Natriumkarbonat entwickelt. In ihrer Doktorarbeit untersuchte Fani Pinakidou verschiedene derartige Produkte, die mit unterschiedlich hohen Anteilen an Flugasche und bei unterschiedlichen Temperaturen hergestellt worden waren.
Ab 40 Prozent wird es stabil
Mit Hilfe von kontinuierlicher Synchrotronstrahlung, wie sie BESSY liefert, konnte die Physikerin elementspezifisch die lokale Umgebung von Atomen oder Molekülen studieren. Pinakidou gewann so Informationen über strukturelle und chemische Eigenschaften der Schwermetalle und schloss damit auf die Festigkeit der Matrix. Sie fand heraus, dass bei der Verglasung das in der Flugasche enthaltene Eisen eine wichtige Rolle spielt, da Eisen je nach der Symmetrie seiner Bindung entweder das molekulare Netzwerk des Glases bilden (Glasbildner) oder gemeinsam mit einem anderen Glasbildner wie Silikat, die Struktur aufbauen und modifzieren kann (Glaswandler).
Pinakidou stellte unter anderem fest, dass bei einem Flugascheanteil von über 40 Prozent das Eisen zunehmend als Glasbildner wirkt, ohne dass dabei die Einbindung des Bleis verändert wird. Es kann also mit einem geringen Anteil an Silikat und einem hohen Anteil an Flugasche ein stabiles Produkt hergestellt werden, das den giftigen Müll sicher einschließt.
(BESSY, 08.12.2006 – NPO)