Vielseitiges Mineral: Gips wird seit Jahrtausenden von uns Menschen genutzt und ist auch heute für viele Anwendungen unverzichtbar. Gleichzeitig kann dieses Mineral in der Natur faszinierende Strukturen erschaffen und seine Entstehungsgeschichte reicht bis weit in die Erdgeschichte zurück. Wegen seiner großen Bedeutung als Rohstoff, Werkstoff und geologischer Zeitzeuge wurde Gips nun zum Gestein des Jahres 2022 gekürt.
Gips ist im Alltag nahezu allgegenwärtig – auch wenn uns dies nicht immer bewusst ist. Denn das Mineral kommt als Gipskartonplatte und Spachtelmasse in Gebäuden vor, steckt in Farben, Papier, Kunststoffen, Düngemitteln und Kosmetika und findet sich als Nahrungsmittelzusatz E 516 sogar in unseren Lebensmitteln. Auch in der Medizin, der Kunst und der Technik wird Gips genutzt.
Tatsächlich hat die Verwendung von Gips als Rohstoff schon eine jahrtausendelange Geschichte: Schon die Bewohner der jungsteinzeitlichen Siedlung Çatalhöyük verwendeten vor rund 9.000 Jahren Gips für Wandputz und Reliefs, in der babylonischen Großstadt Uruk wurde Gips als Mörtel beim Bau genutzt und die Minoer setzten Gips sogar statt Marmor als Baustein und Fußbodenbelag ein.
Auskristallisiert und abgelagert
Der Grund dafür ist naheliegend: Gips kommt in den irdischen Gesteinsformationen sehr häufig vor. Denn das Mineral mit der chemischen Bezeichnung Calciumsulfat-Dihydrat (Ca[SO4] · 2H2O) ist ein Evaporit – es bildet sich immer dann, wenn mineralreiches Meerwasser verdunstet und die Reste auskristallisieren. Wie genau Gipskristalle entstehen, haben Forscher erst vor kurzem erstmals im Detail beobachtet – und teils Überraschendes entdeckt. Denn die Kristallisation läuft in einem komplexen, vierschrittigen Prozess ab.