Düstere Aussichten: Hält der bisherige Klimakurs an, werden in wenigen Jahrzehnten fast alle Gletscher in Europa abgetaut sein. Weltweit könnten bei 2,7 Grad Erwärmung rund zwei Drittel aller Gletscher bis zum Jahr 2100 verschwinden, wie Klimaforscher ermittelt haben. Ihr neues Modell erlaubt erstmals für alle rund 215.000 Gletscher weltweit eine individuelle Prognose des Eisverlusts. Die Simulationen zeigen aber auch, dass selbst kleine Temperaturunterschiede eine messbare Wirkung haben können.
Ob auf Grönland, in der Antarktis oder in den Alpen: Fast überall auf der Welt schmelzen die Gletscher, selbst die lange stabilen Eismassen der Ostantarktis schrumpfen. In einigen Regionen Grönlands und der Westantarktis könnte die Eisschmelze sogar schon zum Selbstläufer geworden sein – sie wird selbst bei sofortigem Stopp der Erwärmung noch Jahrzehnte bis Jahrhunderte weitergehen. Der Einstrom des Schmelzwasser lässt schon jetzt die Meeresspiegel immer schneller ansteigen.
Umso wichtiger ist es, den Eisverlust möglichst präzise vorherzusagen. Doch die bisher verwendeten Gletschermodelle waren zu standardisiert und einfach, um die individuellen Bedingungen und Prozesse der einzelnen Gletscher zu erfassen – und entsprechend ungenau.
Individuelle Prognose für alle gut 215.000 Gletscher
Das hat sich nun geändert: Ein Team um David Rounce von der Carnegie Mellon University in Pittsburgh hat nun ein Modell entwickelt, das die glaziale Dynamik und die für die Eisbilanz wichtigen Prozesse umfassender und detaillierter widerspiegelt. „Wir haben die Methodik prinzipiell verbessert, da wir Satelliten-Beobachtungen und Modelle miteinander kombiniert haben und somit auch regionale Besonderheiten und die dynamische Entwicklung genau berücksichtigen können“, erläutert Koautor Fabien Maussion von der Universität Innsbruck.