Umwelt

Glyphosat in Wattestäbchen und im Urin

Ab heute berät die EU über Neuzulassung des umstrittenen Herbizids

Glyphosat wird auch auf rund einem Drittel der deutschen Äcker eingesetzt © iStock.com

Glyphosat und kein Ende: Gerade erst wurde das Herbizid in Bier nachgewiesen, jetzt finden Tester es auch in Wattepads und Wattestäbchen. Parallel dazu hat das Umweltbundesamt festgestellt, dass sich Glyphosat in immer höheren Mengen auch im menschlichen Urin nachweisen lässt. Heute und morgen diskutieren EU-Vertreter über die Neuzulassung des umstrittenen Herbizids.

Hauptstreitpunkt bei der EU-Neuzulassung des Glyphosats ist die Frage, ob das Herbizid krebserregend ist oder nicht. Die Weltgesundheitsorganisation WHO stufte Glyphosat Anfang 2015 als „wahrscheinlich krebserregend“ beim Menschen ein, die EU-Lebensmittebehörde EFSA und das deutsche Bundesinstitut für Risikobewertung sehen dies anders – was ihnen starke Kritik eintrug.

Mehr Glyphosat im Urin als früher

Passend zu dieser Diskussion hat erst kürzlich das Umweltbundesamt in einer Studie festgestellt, dass Glyphosat inzwischen auch im menschlichen Urin nachweisbar ist. Bei der Analyse von 400 Stichproben aus 15 Jahren fanden die Forscher klare Hinweise auf eine Zunahme der Belastung: 2001 fand sich das Glyphosat nur bei zehn Prozent der Studienteilnehmer, 2013 waren es bereits 60 Prozent, 2015 immerhin noch 40 Prozent.

Ähnlich wie beim erst kürzlich erfolgten Nachweis von Glyphosat im Bier sind die Werte zwar sehr gering – sie liegen rund tausendfach niedriger als die geltenden Grenzwerte für Lebensmittel, wie die UBA-Forscher mitteilten. Dennoch sei dies Grund zur Besorgnis, sollte das Herbizid tatsächlich krebserregend wirken. Denn dann gehen Forscher davon aus, dass es keine unschädliche Untergrenze der Belastung gibt.

Ob Glyphosat krebserregend ist oder nicht, bleibt strittig © Oticki/ iStock.com

„Wir müssen die Datenlage zur Belastung beim Menschen verbessern. Insbesondere bei Kindern wissen wir bisher kaum etwas“, sagte UBA-Präsidentin Maria Krautzberger. „Wir sollten Glyphosat auch nicht isoliert betrachten, sondern die eingesetzten Produkte umfassender untersuchen. Heißt: Glyphosat mitsamt der anderen Stoffe bewerten, die zugesetzt werden, damit es auf dem Acker überhaupt wirkt.“

Glyphosat auch in Watteprodukten

Parallel dazu hat das ZDF-Magazin „WISO“ eine Stichprobe von 31 Watteprodukten, darunter Wattestäbchen und Wattepads, auf Glyphosat testen lassen. Und auch hier wurden die Tester fündig: In sechs Watteprodukten lag die Konzentration eines Glyphosat-Abbauprodukts zwischen 15 und 90 parts per billion (ppb).

Damit liegen diese Werte zwar ebenfalls deutlich unter den Grenzwerten für Lebensmittel, aber über den für Trinkwasser geltenden Grenzwerten. Für textile Produkte gibt es derzeit weder Vorschriften in Bezug auf das Herbizid, noch müssen routinemäßig Tests durchgeführt werden.

EU berät heute und morgen über Neuzulassung

Das Herbizid Glyphosat ist das weltweit am häufigsten eingesetzte Unkrautvernichtungsmittel. Weil die Zulassung dieses Herbizids im Sommer 2016 in der EU ausläuft, verhandeln Vertreter der EU im zuständigen Ausschuss für Pflanzen, Tiere, Lebens- und Futtermittel am 7. und 8. März über eine Neuzulassung. Kommt es jetzt schon zu einer Einigung, könnte direkt die Abstimmung der EU-Staaten und damit eine Zulassung erfolgen.

Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) und weitere Umweltschutzorganisationen forderten die Bundesregierung auf, bei der morgigen Abstimmung eine erneute EU-Zulassung des Glyphosats abzulehnen. „Solange nicht zweifelsfrei erwiesen ist, dass Glyphosat gesundheitlich unbedenklich ist, muss das Vorsorgeprinzip greifen“, so der BUND- Vorsitzende Hubert Weiger

Wirkt Glyphosat zusätzlich hormonähnlich?

Wie der BUND berichtet, scheint auch die EU-Kommission noch Datenlücken einzuräumen. Demnach ist unklar, ob das Glyphosat nicht zusätzlich auch hormonähnliche Wirkung zeigt. „Hormonell wirksame Stoffe sind nach EU-Recht nicht genehmigungsfähig“, sagt Weiger. Die Glyphosat-Hersteller sollen daher bis August weitere Daten einreichen.

„Doch bereits jetzt soll entschieden werden, ob in 28 EU-Staaten für weitere 15 Jahre ein wahrscheinlich krebserregendes und möglicherweise den Hormonhaushalt störendes Pestizid zugelassen wird“, so Weiger. In jedem Fall muss bis zum 30. Juni 2016 eine Entscheidung fallen, denn dann muss der EU-Kommission das Abstimmungsergebnis vorliegen. Im Falle einer Neuzulassung würde die Zulassung für Glyphosat voraussichtlich für 15 Jahre erneuert.

(UBA/ZDF, 07.03.2016 – NPO)

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