Der Sauerstoffgehalt einiger Küstengebiete im Golf von Mexiko sinkt im Sommer auf nahe Null. In diesem Jahr könnte die Ölpest diese Todeszone noch größer ausfallen lassen aus sonst, befürchten Meeresforscher. Schuld sind die erhöhte Zehrung Öl abbauender Bakterien und der Ölfilm auf dem Wasser, der den Sauerstoffaustausch mit der Luft behindert.
Jedes Jahr im Sommer entsteht an der Küste des Golf von Mexiko eine Todeszone am Meeresgrund, in der das Wasser nahezu sauerstofffrei und damit für die meisten Organismen lebensfeindlich ist. Ursache dafür ist vor allem die Überdüngung des Meerwassers durch Phosphor und Stickstoff aus eingeschwemmten Düngemittel- und Güllerückständen. Über den Mississippi gelangen selbst Nährstoffe aus dem weiter nördlich gelegenen Maisgürtel der USA bis in den Golf. Dort lösen sie Algenblüten aus, das Plankton sinkt zum Grund und wird dort unter Sauerstoffzehrung zersetzt.
„Ökologische Zeitbombe“
Nahe dem Meeresboden und in tieferen Wasserschichten wird das Wasser so nahezu vollständig sauerstofffrei – eine Todeszone bildet sich. Diese Todeszone hat sich im letzten Jahrzehnt stetig vergrößert. Die bisher ausgedehnteste erreichte im Sommer 2002 eine Fläche von knapp 2.200 Quadratkilometern. „Das Wachstum dieser Todeszonen ist eine ökologische Zeitbombe”, erklärt Donald Scavia, Professor für Umweltwissenschaften an der Universität von Michigan. „Ohne entschlossene lokale, regionale und nationale Anstrengungen um sie zu kontrollieren, gefährden wir wichtige Fischerei-Bereiche.“
Doppelschlag für den Golf
In diesem Jahr könnte sich die Situation durch die Ölkatastrophe im Golf noch verschärfen. „Wir sind nicht sicher, wie es sich genau entwickeln wird. Aber eine Sache ist klar: Die Kombination von Sommer-Hypoxie und den Auswirkungen des giftigen Öls auf die Mortalität, Fortpflanzung und Zuwanderung ist ein Doppelschlag, der die Fischerei im Golf ernsthaft schädigen wird“, erklärt Scavia.
Öl fressende Bakterien verstärken Sauerstoffzehrung
Wenn genügend Öl das Gebiet erreicht, in dem die Todeszone normalerweise liegt, könnte sich die lebensfeindliche Zone deutlich vergrößern – aus zwei möglichen Gründen: Zum einen verstärkt der mikrobielle Abbau des Öls durch Bakterien die Sauerstoffzehrung, zum anderen verringert die Ölschicht die Diffusion von Sauerstoff in das Wasser, so dass auch der allmähliche Sauerstoffnachschub für die Todeszone unterbleibt.
Prognose der NOAA noch ohne Öleinfluss
Basierend auf Computermodellen und Daten zu den Nährstoffeinträgen hat die National Oceanic and Atmospheric Administration (NOAA) jetzt erste Prognosen zur Ausdehnung der diesjährigen Todeszone veröffentlicht – noch ohne den zusätzlichen Einfluss des Öls zu berücksichtigen. Demnach könnte die Todeszone etwas größer als der langjährige Durchschnitt von rund 1.550 Quadratkilometern ausfallen, obwohl sich die Nährstoffeinträge leicht verringert haben. Die Forscher gehen für 2010 von einer Fläche zwischen 1.700 und 2.000 Quadratkilometern aus. Die endgültige Größe wird Ende Juli – Anfang August von der NOAA ermittelt und veröffentlicht.
Mehr Informationen finden Sie in unserem Special zur Ölpest im Golf von Mexiko
(University of Michigan, 30.06.2010 – NPO)