Reliquie oder Fälschung? Im Grabtuch von Turin soll angeblich der Leichnam Jesu Christi eingehüllt gewesen sein, ein Abbild eines gekreuzigten Mannes ist noch heute deutlich auf dem Tuch erkennbar. Altersdatierungen haben allerdings ergeben, dass das Tuch nicht älter als 800 Jahre ist. Italienische Forscher haben nun einen Prozess beschrieben, der diesen Altersunterschied erklären soll: Demnach könnte starke Neutronenstrahlung, die bei einem Erdbeben aus dem Gestein austrat, das Tuch gewissermaßen verjüngt haben.
Das Grabtuch von Turin ist ein umstrittener Gegenstand: Das Tuch scheint ein detailliertes Bild eines auf dem Rücken liegenden Mannes zu zeigen, sowohl in Vorder- als auch in Rückansicht, mit gekreuzten Armen und Blutflecken im Bereich der Handgelenke. Seit dem Mittelalter heißt es, das Tuch sei das Grabtuch von Jesus Christus und zeige dessen Abbild. Doch bereits seit den ersten historischen Aufzeichnungen über das Tuch bezweifeln viele Menschen seinen angeblich heiligen Ursprung.
Datierung spricht gegen Echtheit
Mehrere Analysen sollten seitdem klären, ob es sich bei dem Tuch um eine Fälschung handelt. Die Farbe des Bildes, die Zusammensetzung des angeblichen Blutes und der Ursprung des Tuches selbst sind Gegenstand heftiger Diskussionen. Ein Ansatz, die Frage nach der Echtheit des Tuches zu beantworten, war eine Altersdatierung der Leinenfasern mit der Radiokarbonmethode. Dabei wird der Anteil an dem radioaktiven Isotop Kohlenstoff-14 in den Fasern gemessen.
Lebende Organismen nehmen dauernd Kohlenstoff auf und bauen ihn in ihre Gewebe ein. Nach dem Tod stoppt die Aufnahme, der radioaktive Kohlenstoff zerfällt und sein Anteil im Gewebe sinkt. Je weniger Kohlenstoff-14 also in organischem Material vorhanden ist, desto älter ist es. Im Jahr 1988 ergaben Proben des Grabtuches von Turin, dass es nicht aus der Zeit Christi, sondern aus dem 13. Jahrhundert stammt. Doch auch dieses Ergebnis löste umgehend Zweifel und Diskussionen aus: Theoretisch könnten Umwelteinflüsse, wie zum Beispiel Neutronenstrahlung, das Ergebnis verfälscht haben. Mögliche natürliche Quellen solcher Strahlung waren bislang allerdings unbekannt.