Regelmäßige Hungernöte in Afrika, Stürme und Überschwemmungen an Asiens Küsten- dies sind nur einige der Auswirkungen, die ein Anstieg der globalen Temperaturen um nur zwei Grad Celsius schon den nächsten Jahrzehnten haben könnte. Der Klimawandel könnte Millionen von Menschen um ihre Nahrungsgrundlagen bringen und in Armut stürzen. Das prognostizieren Klimaforscher in einem aktuellen Bericht der Weltbank. Der Klimawandel werde in diesen tropischen Regionen als erstes schmerzhaft spürbar werden – und damit einen Vorgeschmack auf Kommendes liefern, warnen die Forscher.
Für den Bericht werteten Forscher des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) und der Forschungsgruppe Climate Analytics aktuelle Klimaprognosen aus. Mit Hilfe von Computersimulationen ermittelten sie dann, wie sich der Anstieg der globalen Temperaturen um zwei sowie um vier Grad Celsius für Afrika südlich der Sahara, Südasien und Südostasien auswirken wird. Im Fokus standen dabei neben der Wasserversorgung und Landwirtschaft auch das Risiko für klimabedingte Naturkatastrophen und die wirtschaftliche Entwicklung dieser Regionen.
Ein Vorgeschmack der weltweiten Folgen
Das Ergebnis: „Wenn die Erde sich nur um zwei Grad erwärmt – was bereits in 20 bis 30 Jahren erreicht werden könnte, dann wird das verbreiteten Nahrungsmangel auslösen, beispiellose Hitzewellen und stärkere Wirbelstürme“, erklärt Weltbank-Präsident Jim Yong Kim. Ein Anstieg des Meeresspiegels um rund 50 Zentimeter bis 2050 sei wahrscheinlich bereits jetzt nicht mehr zu vermeiden. Schon 2030 könnte dies, gekoppelt mit den stärker werdenden Stürmen dazu führen, dass Küstenstädte wie Bangkok regelmäßig überschwemmt werden.
„Schmerzhaft spürbar wird der Klimawandel zuerst in den verwundbaren Regionen“, sagt Hans Joachim Schellnhuber, Erstautor des Berichts und Direktor des PIK. Doch wenn es nicht gelinge, den Klimawandel unter Kontrolle zu bringen, müssten zunehmend auch Gebiete außerhalb der Tropen mit ernsthaften Klimafolgen rechnen.
Für die Bewohner Afrikas südlich der Sahara wird sich laut Bericht die Gefahr von Hunger und der Kampf um Nahrung verstärken. Bereits bei einer Erwärmung von 1,5 bis 2°C nimmt die Trockenheit in dieser Region so stark zu, dass Bauern bis 2040 40 bis 80 Prozent ihrer Anbauflächen für Mais, Sorghum und Hirse verlieren werden, so die Forscher. Steigen die Temperaturen weiter auf eine Erwärmung von vier Grad, könnte bis 2080 auch in Südafrika die jährliche Regenmenge um ein Drittel abnehmen. In Ostafrika dagegen steigen die Niederschläge an.
Küstenstädte Asiens als erste Opfer
In Südasien und Südostasien sind es vor allem die Küstenstädte, die die Hauptlast des Klimawandels tragen. Viele dieser Ballungsräume sind extrem schnell gewachsen und es fehlt vielfach an belastbarer und durchgehender Infrastruktur. Vor allem die armen Stadtbewohner haben oft weder Strom noch Kanalisation und leben in baufälligen Häusern und Hütten. Sie sind daher besonders von den Folgen des Klimawandels bedroht.
Laut Bericht könnte bereits 2040 ein Meeresspiegelanstieg von 30 Zentimetern zu großflächigen Überschwemmungen in den Städten und flachen Küstengebieten führen. Die intensiver werdenden Stürme verstärken diese Gefahr noch. Bereits jetzt regelmäßig durch Hochwasser gefährdete Regionen wie Bangladesch, aber auch die indischen Städte Kalkutta und Mumbai wären zunehmend häufiger Opfer von Hochwasser, Sturm und Hitzewellen.
Die Überschwemmungen werden auch viele Anbauflächen in Küstennähe durch Salzwasser unbrauchbar. Das Mekong Delta in Vietnam, ein global bedeutendes Reisanbaugebiet, müsste bereits in knapp 30 Jahren Einbußen von mindestens elf Prozent hinnehmen. Und auch die Fischerei könnte empfindlich leiden: Durch die Erwärmung des Meeres und der Verlust von Korallenriffen könnte unter anderem vor den Philippinen der Fang um die Hälfte zurückgehen, so die Forscher.
„Dieser Bericht zeichnet ein alarmierendes Szenario für die kommenden Tage und Jahre – eines, das wir alle noch zu unseren Lebzeiten miterleben könnten“, kommentiert Jim Yong Kim. Es müsse dringend gehandelt werden – nicht nur, um die Treibhausgas-Emissionen zu senken, sondern auch, um diesen Regionen zu helfen, sich auf eine Welt der Klimaextreme vorzubereiten. Hier seien besonders die wirtschaftsstarken Länder in der Pflicht, ihren Teil dazu beizutragen.
Der vollständige Bericht als PDF zum Download
(Weltbank, 20.06.2013 – NPO)