Krankes Weltnaturerbe: Das Great Barrier Reef ist durch drei schwere Korallenbleichen extrem geschädigt – möglicherweise so schwer, dass es sich nie wieder erholen wird. Denn es gibt kaum noch Refugien im Riesenriff, wie eine Studie enthüllt. Die Bleichen töteten selbst die Korallen, die bisher als halbwegs widerstandsfähig gegen die Überhitzung galten, so die Forscher im Fachmagazin „Nature“. Werde dem Klimawandel nicht schnell Einhalt geboten, habe das Riff kaum noch eine Zukunft.
Das Great Barrier Reef vor Australien ist das größte Korallenriff der Erde und ein Weltnaturerbe der UNESCO. Doch das aus mehr als 3.000 Einzelriffen bestehende Naturwunder ist akut bedroht: Bereits im Jahr 2012 hatte es durch Sturmschäden, gefräßige Seesterne und die Korallenbleiche die Hälfte seiner Korallen verloren. Im Rekord-Wärmejahr 2016 erlebte das Riff dann die bisher schwerste Katastrophe: Bis zu 90 Prozent der Korallen starben ab.
Schäden im gesamten Riff
Doch was bedeutet dies für die Zukunft dieses einzigartigen Naturwunders? Gibt es noch Hoffnung? Um das herauszufinden, haben Terry Hughes von der australischen James Cook University und seine Kollegen das Great Barrier Reef einer Bestandsaufnahme unterzogen. Dabei untersuchten sie vor allem, wie viele Korallen die letzten drei schweren Korallenbleichen – 1998, 2002 und 2016 – überstanden und welche Faktoren dafür eine Rolle spielten.
Dabei zeigte sich: Entgegen bisheriger Hoffnungen gibt es kaum noch einen Bereich im Riff, der nicht durch die Korallenbleichen gezeichnet ist: „Der kumulative Effekt der drei großen Bleichen hat fast im gesamten Great Barrier Reef seinen Fußabdruck hinterlassen“, so Hughes und seine Kollegen. Während die Bleichen von 1998 und 2002 vor allem den Süden und die Mitte trafen, zerstörte die Bleiche von 2016 fast den gesamten Norden. Nur neun Prozent der Riffe haben bisher noch keine Korallenbleiche hinter sich.
Verschwinden der letzten Refugien
Nur einige kleine Offshore-Riffe ganz im Süden blieben zumindest teilweise verschont – und auch das nur durch einen glücklichen Zufall: Während der größten Hitze im März 2016 schirmten Reste des Wirbelsturms „Winston“ diese Riffe gegen die Sonne ab, wie die Forscher berichten. Wolken und Regenfälle sorgten dafür, dass die Wassertemperaturen dort vier Grad unter denen im Rest des Great Barrier Reef blieben – und das rettete die Korallen.
Doch das ist nicht von Dauer: „Das lokale Muster der Bleiche enthüllt einen Trend zu immer schwerwiegenderen Schäden und zum Verschwinden auch der letzten Refugien“, sagen Hughes und seine Kollegen. Ihre Analyse enthüllt, dass selbst Schutzgebiete mit besonders sauberem Wasser und Fischereiverbot die Korallenbleiche nicht bremsen oder verhindern konnten.
Gewinner werden Verlierer
Und noch ein Problem gibt es: Bisher hofften Biologen, dass einige Korallenarten von Natur aus widerstandsfähiger gegenüber der Korallenbleiche sind, weil diese Arten milde Bleichen überleben. „Aber selbst diese ‚Gewinner‘ bei eher milden Ereignissen wurden zu Verlierern, als die Korallenbleiche intensiver wurde“, so die Forscher.
Entscheidend dafür, ob und wie gut sich ein Riff von einer Bleiche erholen kann, ist zudem die Wiederholrate der Korallenbleichen. „Die Erholungszeit selbst für Korallen, die schnell wachsen und gute Kolonialisierer sind, liegt bei zehn bis 15 Jahren“, berichten Hughes und seine Kollegen. „Doch solche Pausen zwischen Korallenbleichen sind nicht mehr länger realistisch, angesichts der steigenden globalen Temperaturen.“
Keine guten Aussichten
Für die Zukunft des Great Barrier Reefs sind dies keine guten Aussichten. „Selbst die am stärksten geschützten und nahezu unberührten Bereiche des Riffs sind hochgradig anfällig gegenüber dem erhöhten Wärmestress“, konstatieren die Forscher. „Sollen die Korallenriffe erhalten bleiben, ist daher dringendes und schnelles Handeln gegen den Klimawandel nötig.“ (Nature,2017; doi: 10.1038/nature21707)
(Nature, 16.03.2017 – NPO)