Die Gletscher an Grönlands Küsten schmelzen so schnell, dass sich die darunterliegende Landmasse bereits messbar hebt. Auswertungen von GPS-Messungen belegen jetzt eine Hebungsrate von zwei Zentimetern pro Jahr – Tendenz steigend. Dieser jetzt in „Nature Geoscience“ publizierte Anstieg des Untergrunds durch die zunehmende Gewichtsentlastung bestätigt die grönländische Eisschmelze, weckt aber auch Befürchtungen für deren Auswirkungen auf die Meeresspiegel.
{1l}
Je dicker und damit schwerer eine Eisschicht auf einer Landmasse, desto stärker wird dieser Erdkrustenbereich in den darunterliegenden Erdmantel hinab gedrückt, quasi wie eine Eisscholle ins Wasser des Meeres. „Während Eiszeiten und in Phasen des Eiswachstums drückt das Eis das Land hinunter. Wenn das Eis schmilzt, schnellt das Land wieder nach oben“, erklärt Shimon Wdowinski, Geowissenschaftler der Universität von Miami. Befreit von der Last hebt sich die Erdkruste in messbaren Größenordnungen.
Jetzt haben Wdowinski und sein Kollege Tim Dixon, Professor für Geophysik an der Universität von Miami, eine solche Hebung an der Landmasse Grönlands festgestellt. Für ihre Studie werteten die Forscher Daten von speziellen GPS-Empfängern aus, die entlang der Küsten Grönlands postiert waren. Die von 1995 an gesammelten Positionsdaten enthüllten nach entsprechender Analyse sowohl die vertikale Geschwindigkeit als auch Beschleunigungen des Gesteinsuntergrunds an diesen Standorten.
Mehr als zwei Zentimeter pro Jahr
„Es ist seit einigen Jahren bekannt, dass der Klimawandel zum Schmelzen des grönländischen Eisschilds beiträgt”, erklärt Dixon. „Überraschend und ein wenig besorgniserregend ist allerdings, dass das Eis so schnell schmilzt, dass wir sehen können, wie sich das Land als Reaktion hebt.“ Nahezu zweieinhalb Zentimeter pro Jahr, das ergaben die Messungen, beträgt die Hebungsrate einiger Küstengebiete Grönlands zurzeit. Im Westen begann diese Entwicklung im Laufe der 1990er Jahre.
Wenn dieser Trend anhält, könnte sich dies bis 2025 auf bis zu fünf Zentimeter pro Jahr beschleunigen, so Dixon. Die Wahrscheinlichkeit dafür ist relativ hoch. Denn während sich im Landesinneren Eiswachstum durch Schneefall und Schmelze in etwa die Waage halten, verlieren die Gletscher der Küstengebiete in den letzten Jahren deutlich an Masse, wie Messungen der Eisdicke und Fließgeschwindigkeit zeigen. Der Anstieg des Untergrunds in diesen Gebieten bestätigt dies nun noch zusätzlich.
Großer Einfluss auf Meeresspiegelanstieg
Für das Klima und insbesondere für die Meeresspiegel ist das kein gutes Omen. „Die Eisschmelze in Grönland ist wichtig, weil sie einen großen Einfluss auf den globalen Meeresspiegelanstieg hat“, erklärt Yan Jiang, Koautor der Studie. Sollte sich der Aufstieg des Untergrunds und die dafür verantwortliche Eisschmelze in den nächsten Jahren weiter fortsetzen, könnte die Insel bald einer der größten Verursacher der steigenden Meere sein, so Jiang weiter. „Wir hoffen, dass unsere Arbeit die Öffentlichkeit erreicht und diese Information auch von Politikern und Entscheidungsträgern berücksichtigt wird.“
(University of Miami, 20.05.2010 – NPO)