Mehr Verlust als gedacht: Jedes Jahr geht Grönland so viel Eis verloren, wie in fünf Bodenseen passen würde. Das zeigt die bisher umfangreichste und genaueste Bilanz des grönländischen Eises. Zum anderen aber reagiert der Eisschild weitaus dynamischer und komplexer auf die Klimaerwärmung als es die gängigen Modelle darstellen, wie Forscher im Fachmagazin „Proceedings of the National Academy of Sciences“ berichten.
Der grönländische Eisschild ist das zweitgrößte Reservoir von Wassereis auf unserem Planeten – und eines an dem der Klimawandel nagt. Wie viel Eis Grönland aber tatsächlich verliert und wie sich dies auf den Meeresspiegel auswirken wird, war bisher nur in groben Zügen bekannt. So geht der Weltklimarat IPCC in seinem jüngsten Bericht von einem grönländischen Beitrag zum Meeresspiegelanstieg von 14 bis 84 Millimeter bis 2100 aus – eine relativ große Spanne.
Ein Grund für diese Unsicherheiten: Die vereinfachten Modelle, auf denen bisherigen Schätzungen beruhen, basieren auf den Daten von nur vier großen Auslassgletschern, Jakobshavn, Helheim, Kangerlussuaq und Petermann. „Aber es ist nicht klar, ob diese Gletscher überhaupt repräsentativ für alle grönländischen Gletscher sind und ob man ihre Reaktion auf den gesamten Eisschild übertragen kann“, erklären Beata Csatho von der University at Buffalo und ihre Kollegen.
100.000 Messpunkte
Um hier mehr Klarheit zu schaffen, hat das internationale Team nun die bisher umfassendste Bilanz des grönländischen Eises aufgestellt. Die Forscher werteten dafür Daten von fast 100.000 über ganz Grönland verteilten Messpunkten aus, an denen die Eishöhe in der Zeit von 1993 bis 2012 mit Hilfe von Laser-Höhenmessern an Bord von Satelliten und Messflugzeugen ermittelt worden war.