Außergewöhnliche Herkunft: Berühmte Diamanten wie der „Cullinan“ oder der Hope-Diamant sind nicht nur wegen ihrer Größe einzigartig – auch ihre Herkunft unterscheidet sie. Denn sie sind fast dreimal so tief im Erdmantel entstanden wie „normale“ Diamanten. Belege dafür liefern nun Mineraleinschlüsse aus mehr als 660 Kilometern Tiefe. Sie bestätigen, dass sowohl die blauen Typ-IIb-Diamanten wie auch die farblosen IIa-Diamanten diese tiefen Wurzeln haben.
Die meisten Diamanten sind in rund 150 bis 200 Kilometer Tiefe entstanden. Dort, im oberen Erdmantel, wandelten hoher Druck und Hitze Kohlenstoff in Diamantkristalle um. Doch schon vor einigen Jahren haben Wissenschaftler entdeckt, dass es dabei Ausnahmen gibt: Viele bläuliche Typ-IIb-Diamanten müssen demnach in noch größerer Tiefe gebildet worden sein. Auch einige besonders reine und große Diamanten des Typs IIa schienen abweichender Herkunft zu sein.
Diamanten im Laserlicht
Strittig blieb aber, aus welcher Tiefe diese Ausnahme-Diamanten stammen und ob dieser tiefe Ursprung auch für die größten blauen Diamanten gilt, darunter den berühmten Hope-Diamanten. Er soll einst die Statue einer indischen Gottheit geschmückt und dann von französischen Königen getragen worden sein. Heute liegt er im Museum der Smithsonian Institution in Washington DC. Unklar war auch, ob farblose Berühmtheiten wie die Cullinan-Diamanten der britischen Kronjuwelen ähnliche tiefe Wurzeln haben.
Um diese Fragen zu beantworten, haben Evan Smith und Wuyi Wang vom Gemological Institute of America nun besonders große Exemplare der beiden strittigen Sorten untersucht – einen 20 Karat schweren, blauen Typ-IIb-Diamanten und einen 124 Karat schweren Typ-IIa-Diamanten. „Dieser Stein ist etwa walnussgroß, sehr rein und aus der gleichen Klasse wie der berühmte Cullinan-Diamant“, erklären die Forscher.
Für ihre Analyse mittels Raman-Spektroskopie richteten sie einen Laserstrahl auf winzige Einschlüsse in den Edelsteinen und analysierten das von diesen gestreute und reflektierte Licht. Das resultierende Spektrum verrät, welche Minerale und Elemente präsent sind.
Geburt in mehr als 660 Kilometer Tiefe
Die Analysen ergaben Überraschendes: In beiden Diamanten fanden die Wissenschaftler Einschlüsse mit Relikten des Mantelminerals Bridgmanit. „Dieses Mineral ist im unteren Erdmantel unterhalb von 660 Kilometern sehr häufig. Im oberen Mantel oder an der Erdoberfläche kommt es dagegen nicht vor“, erklärt Smith. „Diese Mineralrückstände in einem Diamanten zu finden bedeutet daher, dass dieser Stein in einer Tiefe kristallisiert sein muss, in der Bridgmanit vorkommt.“
Dieses Ergebnis bestätigt zum einen, dass auch die großen blauen Diamanten des Typs IIb – darunter der berühmte Hope-Diamant – unterhalb von 660 Kilometer Tiefe entstanden sein müssen. Sie haben demnach ebenso tiefe Wurzeln wie die kleineren, schon früher untersuchten Diamanten dieses Typs. „Dies ist der erste Beleg dafür, dass auch diese großen Steine aus dem unteren Erdmantel stammen“, sagt Wang.
Auch der Cullinan kommt aus dem unteren Mantel
Zum anderen enthüllen die Ergebnisse, dass auch die farblosen Riesen-Diamanten des Typs IIa aus dem unteren Erdmantel stammen. „Das gibt uns eine bessere Vorstellung davon, woher diese CLIPPIR-Diamanten, darunter auch die aus den Kronjuwelen, kommen“, sagt Smith. „Offensichtlich gibt es demnach Überlappungen im Geburtsort von CLIPPIR-Diamanten wie dem Cullinan und von Typ-IIb-Diamanten wie dem Hope.“
Zusammengenommen unterstreicht dies, dass die berühmtesten, reinsten Diamanten nicht nur wegen ihrer Größe und Seltenheit außergewöhnlich sind, sondern auch wegen ihrer Herkunft. Denn sie stammen aus den tiefsten und extremsten Regionen unseres Planeten.
Gigantischer Kreislauf
„Der Ursprung dieser Diamanten im unteren Erdmantel bedeutet, dass sie eine bemerkenswerte Reise hinter sich haben“, sagt Smith. Denn das Bor, das den blauen Diamanten ihre Farbe verleiht, kommt nicht aus dem Erdmantel, sondern vom Grund der Ozeane. Erst mit den an Subduktionszonen abtauchenden Erdplatten gelangt dieses Element in die Tiefe, wo es dann in Diamanten eingeschlossen werden kann.
„Das zeigt, dass es einen gigantischen Recycling-Kreislauf gibt“, sagen die Forscher. „Dieser transportiert Elemente von der Erdoberfläche in das Erdinnere. Von dort gelangen dann einige in Form wunderschöner Diamanten durch Vulkanausbrüche wieder an die Oberfläche.“
Quelle: Goldschmidt Conference