Rohstoff-Meilenstein: Im Süden Norwegens haben Geologen das bisher größte Seltenerd-Vorkommen Europas identifiziert. Der Fen Carbonatite Complex enthält mindestens 8,8 Millionen Tonnen rentabel abbaubare Seltenerdoxide, darunter allein 1,5 Millionen Tonnen der für Windkraft und Elektroautos wichtigen Elemente Neodym und Praseodym. Dieses Vorkommen könnte rund zehn Prozent des europäischen Bedarfs decken. Die Lagerstätte könnte jedoch noch weit größer sein.
Ob Neodym, Terbium oder Dysprosium – Seltenerdmetalle sind für moderne Technologien unverzichtbar. Sie stecken in Displays, Akkus, Festplatten, Solarzellen und in den starken Permanentmagneten von Windkraftgeneratoren und Elektromotoren. Doch die Nachfrage steigt und das Angebot ist knapp – und geografisch einseitig verteilt. Rund 90 Prozent der in Europa benötigten Seltenen Erden kommen bisher aus China. Um sich aus dieser Abhängigkeit zu lösen, suchen Länder weltweit intensiv nach eigenen Seltenerdvorkommen.
Mit ersten Erfolgen: 2023 wurde in der Per-Geijer-Lagerstätte im schwedischen Kiruna das bis dahin größte Vorkommen von Seltenen Erden in Europa entdeckt. Mehr als eine Million Tonnen an Seltenerdoxiden lagern dort im Untergrund.
Lagerstätte in einem urzeitlichen Vulkanschlot
Doch jetzt gibt es einen neuen, noch größeren Fund: In Norwegen haben Geologen des Unternehmens Rare Earths Norway ein enormes Vorkommen an Seltenerdmetallen entdeckt. Die Seltenerdoxid liegen im sogenannten Fen Carbonatite Complex (FCC) rund 100 Kilometer südwestlich von Oslo im Bezirk Telemark. Die Lagerstätte liegt in einer Formation, die vor rund 580 Millionen Jahren den Schlot eines Vulkans bildete. Durch Erosion wurde die Deckschicht abgetragen und das mineralreiche Innere dieses rund zwei Kilometer breiten Schlots wurde zugänglich.
Die Gesteinsformation umfasst größere Vorkommen von Dolomit und eisenhaltigen Mineralen, die die Seltenerdoxide enthalten. Wie viele dies sind, hat Rare Earths Norway nun in einer ersten Abschätzung ermittelt.
Fast neun Millionen Tonnen Seltenerdoxide
Das Ergebnis: Aus dem Fen Carbonatite Complex könnten rund 559 Millionen Tonnen Erz mit 1,57 Prozent Seltenerd-Oxidgehalt gefördert werden – in Kiruna sind es nur 0,2 Gewichtsprozent. Damit enthält diese Lagerstätte allein in den oberen gut 460 Metern mindestens 8,8 Millionen Tonnen ökonomisch rentabel abbaubare Seltenerd-Oxide, wie das Unternehmen berichtet. Dies ist fast die achtfache Menge wie im schwedischen Per-Geijer-Vorkommen.
Unter diesen Seltenen Erden sind sowohl leichte als auch schwere Seltenerdmetalle. Allein von den für Permanentmagnete wichtigen und als knappe Ressource eingestuften Elementen Neodym und Praseodym könnten aus dem Fen Carbonatite Complex mindestens 1,5 Millionen Tonnen gefördert werden, so die vorläufige Abschätzung.
Größtes Vorkommen in Europa
„Die Daten bestätigen, dass der Fen Carbonatite Complex damit unzweifelhaft das größte Vorkommen von Seltenen Erden in Europa ist“, konstatiert Sven Dahlgren, Geologe des Bezirks Telemark. „Die geologischen Daten zeigen, dass die Lagerstätte sogar noch größer ist als es anfängliche Untersuchungen im Jahr 2019 nahelegten.“
Bei den aktuellen Schätzungen handelt es sich zudem um ein sogenanntes Mineral Resource Estimate, das nur die ökonomisch rentablen, weniger als 100 Euro pro Tonne kostenden Abbaukapazitäten umfasst. Die tatsächliche Menge an Seltenen Erden im Fen Carbonatite Complex könnte demnach noch weit größer sein. Die Geologen von Rare Earths Norway gehen davon aus, dass die Seltenerd-haltige Mineralschicht noch bis in 1.000 Meter Tiefe reicht.
Pilotanlage in Planung, Abbau ab 2030 möglich
„Dieser Fund ist ein Meilenstein und könnte von großer Bedeutung für die lokale Kommune, aber auch für Norwegen und ganz Europa sein“, sagt Trond Watne, Chefgeologe von Rare Earths Norway. Das Seltenerdvorkommen im Fen Carbonatite Complex könnte zukünftig rund zehn Prozent des europäischen Bedarfs an Seltenen Erden decken. Das Unternehmen plant noch in diesem Jahr eine weitere Bohrkampagne, die weitere Informationen über die Ausdehnung und Förderbarkeit der Seltenerderze erbringen soll.
Geplant ist zudem bereits eine Pilotanlage in der nahen Kommune Nome, in der neueste Technologien zur Erzverarbeitung zum Einsatz kommen sollen. „Unser Ziel ist es, eine ganzheitliche, kompakte Lieferkette von der Mine bis zum Magneten zu schaffen – und mit weniger Klima- und Umweltauswirkungen als bisher üblich“, erklärt Alf Reistad, CEO von Rare Earths Norway. Ein Abbau in größerem Stil könnte etwa ab 2030 erfolgen, so die Schätzung des Unternehmens.
Quelle: Rare Earths Norway