Der Deutsche Wissenschaftsrat hat den Weg frei gemacht für den Bau des neuen Forschungsschiffes Aurora Borealis. Er sprach in seiner letzten Sitzung die Empfehlung aus das europäische Gemeinschaftsprojekt „voranzutreiben“. Der geplante Forschungseisbrecher soll neben modernster Ausrüstung auch einen Bohrturm erhalten. Das Schiff ist vor allem für den Einsatz in der Arktis vorgesehen und kann als erstes seiner Art auch im Winter im zentralen Nordpolarmeer arbeiten.
„Aurora Borealis ist für die Forschung wichtig, da sie im Gegensatz zu den bisher verfügbaren Forschungseisbrechern eine neuartige Tiefseebohranlage erhalten wird und in den ungünstigen Jahreszeiten unter extremsten Wetterbedingungen im zentralen Nordpolarmeer arbeiten kann“, erklärte Professor Jörn Thiede, Direktor des Alfred-Wegener-Instituts für Polar- und Meeresforschung in Bremerhaven, der seit Jahren unermüdlich für das Projekt wirbt. “Damit können Sedimente aus bis zu 4000 Metern Tiefe und sogar unter einer geschlossenen Eisdecke gewonnen werden.“
Sedimentablagerungen im Visier
Die bisher unerforschten Sedimentablagerungen tief unter dem Boden des Arktischen Ozeans sind ein Schlüssel zum Verständnis der Klimageschichte der Region und ihrer Auswirkungen auf die globale Umwelt über Millionen von Jahren. In der Arktis ist der globale Klimawandel besonders stark zu spüren. Innerhalb der vergangenen Jahrzehnte hat sich die Jahresdurchschnittstemperatur dort stark erhöht. Gletscher fließen schneller ab als bisher beobachtet und Dauerfrostböden tauen auf. Aurora Borealis soll dazu beitragen, diese Prozesse besser zu verstehen und in einen globalen Zusammenhang einzuordnen.
Nachdem der Wissenschaftsrat im Jahr 2002 noch keine Empfehlung geben mochte, gab die zweite Runde nun “grünes Licht“ für das 350 Millionen Euro teure Projekt. Die Wissenschaftler hoffen auf eine baldige Einigung der beteiligten Länder für die Finanzierung und Realisierung des Projektes.
Aurora Borealis wird einen effizienteren Einsatz der deutschen Forschungsflotte in den Polarmeeren ermöglichen. Die erst in diesem Jahr an die Wissenschaft übergebene Eisrandschiff Maria S. Merian wird ebenfalls vorwiegend in der Arktis eingesetzt, verfügt allerdings weder über die spezielle Bohrausrüstung noch die Eisgängigkeit der Aurora Borealis. Der derzeit noch modernste Forschungseisbrecher Polarstern ist wechselweise in Arktis und Antarktis im Einsatz. Er könnte nach Indienststellung von Aurora Borealis schwerpunktmäßig in der Antarktis eingesetzt werden und kosten- und zeitaufwändiges Pendeln vermeiden.
Modernstes und innovativstes Forschungsschiff
Das auffälligste Merkmal von Aurora Borealis ist der Bohrturm. Der Bohrapparat wird dabei mittschiffs durch eine “Moonpool“ genannte Öffnung im Rumpf des Schiffes abgelassen. Ein Hiev-Kompensations-System sorgt für Stabilität während der Bergung der Bohrkerne. Durch “slow-motion ice-breaking“ genanntes seitliches Eisbrechen kann sie in eisbedecktem Wasser präzise ihre Position halten. Während der Fahrt durchbricht Aurora Borealis mit einer Geschwindigkeit von zwei bis drei Knoten eine geschlossene Meereisdecke von bis zu zweieinhalb Metern Dicke frontal.
Zu den Hauptaufgaben des neuen Schiffes zählen neben der Entnahme von Sedimentkernen auch biologische und ozeanographische Untersuchungen insbesondere auch unter Winterbedingungen. Ein zweiter Moonpool ermöglicht den Einsatz von autonomen und ferngesteuerten Unterwasserfahrzeugen.
Technische Daten
– Länge zw. den Loten: 178 m
– Breite (Hauptdeck): 40 m
– Tiefgang: 10.2 m
– Seitenhöhe bis Hauptdeck: 20.5 m
– Höchstgeschwindigkeit : 15 kn
– Fahrtgeschwindigkeit: 12 kn
– Max. Expeditionsdauer: 60 Tage
– Personal (Crew/Wissenschaft): ges. 120
– Motorleistung: 50 MW
– Ladekapazität: 100 Container
(Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung, 24.05.2006 – DLO)