Versalzene Ränder: In Küstengebieten strömt immer mehr salziges Meerwasser in das Grundwasser und macht dieses ungenießbar. Bis zum Jahr 2100 könnten schon rund 77 Prozent der Küstenareale weltweit davon betroffen sein, wie neue Analysen nahelegen. Als Folge dieser Kontamination wird das Grundwasser als Trinkwasser und zur Bewässerung in der Landwirtschaft unbrauchbar. Als Ursache für den veränderten Wasserhaushalt an den Land-Meer-Grenzen sehen die Forschenden den Klimawandel.
In Küstengebieten halten sich für gewöhnlich zwei unterirdische Wassermassen die Waage: das Grundwasser im Untergrund der Erde und das salzige Wasser in Meer und Meeresboden. An Land sickert Regen ins Grundwasser, wird im Gestein und in großen Reservoiren gespeichert und fließt von dort weiter ins Meer. Gleichzeitig drängen die salzigen Wassermassen des Meeres wegen ihres größeren spezifischen Gewichtes landeinwärts. In der unterirdischen Grenzzone mischen sich Süß- und Salzwasser zwar ein wenig, aber im Wesentlichen bleiben die beiden Wassermassen getrennt.
Doch durch den Klimawandel verschiebt sich dieses Gleichgewicht nun. Zum einen steigt der Meeresspiegel, so dass sich die Küstenlinie landeinwärts verschiebt und das Meer mehr Druck auf das Land ausübt. Zum anderen verändert sich das Wetter und es regnet mancherorts weniger, wodurch das Grundwasser seltener und langsamer Nachschub erhält. Unterm Strich drängt so nun immer mehr Salzwasser in das Grundwasser der Küstengebiete.
Prognose aus Satellitendaten und Wettermodellen
Ein Team um Kyra Adams vom Jet Propulsion Laboratory (JPL) der NASA hat nun erstmals untersucht, wie sich diese Entwicklung auf die Wasserversorgung, die Umwelt sowie die Gebäude und Infrastruktur an Küsten weltweit auswirkt. Die Forschenden analysierten dafür aus dem Weltraum aufgenommene Radardaten zum Verlauf der Flüsse und Küstenlinien von mehr als 60.000 Küstengebieten weltweit.
Zusammen mit Wetter- und Klimamodellen des Weltklimarates IPCC berechneten die Forschenden dann, wie sich die Übergangszone zwischen Süß- und Salzwasser bis zum Jahr 2100 durch Niederschlag und Erhöhung des Meeresspiegels verschieben werden. Daraus ermittelten sie, wie stark sich der Salzwassereintrag an den Küsten verändern und wie viel Landfläche dadurch unterspült wird. Das erlaubt Rückschlüsse, wie viele Menschen in Küstengebieten von dem Meeresspiegelanstieg und der Versalzung des Grundwassers betroffen sein werden.
Meeresspiegel treibt Versalzung fast überall an
Die Auswertung ergab, dass der Meeresspiegelanstieg die Übergangszone bis zum Jahr 2100 um durchschnittlich etwa 210 Meter landeinwärts verschieben wird. Davon betroffen wären rund 82 Prozent der untersuchten Küstengebiete weltweit. Am stärksten ausgeprägt ist dieses Vorrücken des Meeres entlang der flachen Küsten in Südostasien, am Golf von Mexiko und der US-Ostküste, so das Team.
Der Rückgang der Regenmenge könnte dieses Vorrücken der Salzwassergrenze mancherorts zusätzlich verstärken. In solchen Fällen verschiebt sich die Übergangszone zwischen Meer- und Grundwasser um bis zu 1.200 Meter landeinwärts, wie Adams und ihre Kollegen feststellten. Besonders von einem solchen Rückgang der Niederschläge betroffen wären den Prognosen zufolge die Arabische Halbinsel, Westaustralien und die mexikanische Halbinsel Baja California.
Regenhäufigkeit bestimmt über Ausmaß der Versalzung
Dieser Niederschlags-Effekt auf das Grundwasser wird jedoch nur in 45 Prozent der untersuchten Gebiete auftreten, wie die Analysen ergaben. In etwa 42 Prozent der Küstengebiete wird es hingegen künftig mehr als zuvor regnen oder sich mehr Schmelzwasser sammeln, wodurch die dortigen Grundwassermengen und der Druck des Süßwassers auf die Übergangszone steigen. An einigen wenigen Orten in Nordamerika könnte dieser Druck den Gegendruck des Meeres sogar übersteigen und die Übergangszone in Richtung Meer verschieben.
Zusammen genommen werden der erhöhte Meeresspiegel und das veränderte Regenaufkommen allerdings in 77 Prozent der untersuchten Küstengebiete zu einem stärkeren Salzeintrag in das Grundwasser führen, so die Prognose der Forschenden. Zusätzlich zu klimabedingten Überschwemmungen oder Dürren werden diese Areale dann auch mit versalzenem Grundwasser zu kämpfen haben.
Was tun gegen versalzenes Grundwasser?
„Je nachdem, wo Sie sich befinden und welcher der beiden Effekte dominiert, können sich die Auswirkungen auf das lokale Wassermanagement ändern“, sagt Adams. Daher sei es nötig, sich frühzeitig anzupassen, um das küstennahe Grundwasser vor der Versalzung zu bewahren.
In den besonders gefährdeten trockenen Küstenregionen, in denen das Grundwasser abnimmt, könnten Behörden beispielsweise die Wasserentnahme nahe der Grenzzone einschränken oder die Grundwasserreserven durch Einleitung auffüllen, erklärt die Forscherin. In Gegenden, in denen vor allem der Meeresspiegel steigt und Salzwasser ins Landesinnere drückt, könnte das Grundwasser abgepumpt und in weiter von der Küste entfernte Speicher umgeleitet werden.
Wird hingegen nichts gegen die zunehmende Versalzung des Grundwassers unternommen, könnte das verheerende Folgen haben, warnen Adams und ihre Kollegen. Denn durch den Salzeintrag wird das Grundwasser verunreinigt und als Trinkwasser für Menschen ungenießbar. Auch zur Bewässerung in der Landwirtschaft ist es dann nicht mehr zu gebrauchen, weil Pflanzen meist keinen hohen Salzgehalt tolerieren. Zudem ist das Salzwasser für die Umwelt schädlich und lässt Gebäude und Infrastruktur an Küsten rosten. (Geophysical Research Letters, 2024; doi: 10.1029/2024GL110359)
Quelle: NASA Jet Propulsion Laboratory (JPL)