Die ersten Haushunde entwickelten sich offenbar nicht im Nahen Osten, sondern in Südostasien. Darauf deutet ein Vergleich des Erbguts von 151 Hunden aus aller Welt hin. „Unsere Analyse der Y-Chromosomen-DNA bestätigt nun, dass Wölfe erstmals in Asien südlich der Jangtse-Flusses domestiziert wurden“, berichtet ein internationales Forscherteam im Fachmagazin „Heredity“.
Diese Schlussfolgerung widerspricht gängiger Theorie: Bisher nahm man an, dass der Mensch vor gut 10.000 Jahren zuerst im Nahen Osten oder dem Süden Europas und Westasiens damit begann, Wölfe durch gezielte Zucht zu Haustieren zu machen. Doch in den bisherigen Studien zu dieser Frage seien Daten aus Ostasien nicht berücksichtigt worden, schreiben Ya-Ping Zhang von der Yunnan Universität in China und seine Kollegen. Dadurch habe man wichtige Indizien übersehen.
Y-Chromosomen von 151 Hunden verglichen
Für ihre Studie analysierten und verglichen die Forscher die genetische Zusammensetzung der Y-Chromosomen von 151 Hunden aus aller Welt. Da nur männliche Tiere das Y-Chromosom besitzen und weitergeben, lässt sich über diesen Teil des Erbguts der Stammbaum der väterlichen Linien rekonstruieren. Insgesamt 14.437 Basenpaare, die Buchstaben des genetischen Codes, werteten die Wissenschaftler für ihren Vergleich aus. Das mache ihre Studie zur bislang umfangreichsten ihrer Art, sagen sie.
Die Auswertung ergab, dass die 151 Haushunde von nur 13 bis 24 Wolfsvätern abstammten. Rund die Hälfte aller Gene auf dem Y-Chromosom finde sich daher bei Hunden in aller Welt, sagen die Forscher. Bei den restlichen Genen zeigte jedoch nur nur das Erbgut der Hunde aus Südostasien die volle Spannbreite der möglichen Varianten. Nur bei ihnen habe man Sequenzen aus allen fünf untersuchten Gengruppen gefunden. „Das zeigt, dass die Hundegene wahrscheinlich in Südostasien entstanden und sich dann erst über die Welt ausbreiteten“, sagt Mitautor Peter Savolainen von der königlichen technischen Hochschule im schwedischen Solna.
Auch mütterlicher Stammbaum zeigt asiatischen Ursprung
Gestützt wird die Schlussfolgerung durch eine zweite Studie der gleichen Forschergruppe. In dieser hatten sie die mitochondriale DNA von Hunden verglichen. Dieser Teil des Erbguts wird nur von Müttern an ihre Töchter weitergegeben und liefert daher Erkenntnisse über den Stammbaum der mütterlichen Linie. Auch bei diesem Genvergleich habe man Indizien für einen Ursprung der Hunde in Südostasien gefunden, sagen die Wissenschaftler.
Im Rahmen dieser Studie hatten die Forscher auch gezielt untersucht, inwieweit vielleicht ein Teil der Hunde doch im Nahen Osten domestiziert worden sein könnte. „Aber wir fanden keinerlei wie auch immer geartete Hinweise darauf, dass die Haushunde aus dem Nahen Osten stammen“, sagt Savolainen. Es gebe allerdings Spuren späterer Kreuzungen zwischen Hunden und Wölfen in dieser und anderen Regionen.
Zusammengenommen seien beide Studien ein Beleg für den Ursprung der Haushunde in Südostasien. „Asien südlich des Jangtse-Flusses war die wichtigste – und wahrscheinlich sogar die einzige – Region, in der Wölfe in größerem Ausmaß domestiziert wurden“, konstatieren die Forscher. (Heredity, 2011; doi: 10.1038/hdy.2011.114)
(Heredity / dapd, 25.11.2011 – NPO)