Geowissen

Hawaii: Submarine Süßwasservorkommen entdeckt

Fast fünf Billionen Liter Süßwasser verbergen sich unter dem Meeresgrund - mindestens

Hawaii Island
Im Meeresgrund vor der Westküste Hawaiis (oben) haben Forscher submarine Süßwasservorkommen entdeckt. © NASA

Verborgener Wasservorrat: Vor der Küste vieler Vulkaninseln könnten noch unentdeckte Süßwasser-Reserven schlummern – darauf deutet ein Fund vor Hawaii hin. Dort stießen Forscher bei Leitfähigkeitsmessungen auf zwei Wasservorkommen, die mindestens vier Kilometer vor die Küste reichen und gut 250 Meter dick sind. Aufgefüllt werden diese Süßwasser-Reservoire durch Regenwasser, das an Land in das poröse Vulkangestein sickert und über Lavagänge unter das Meer gespült wird.

Trinkwasser ist in vielen Regionen inzwischen ein knappes Gut – das gilt vor allem für viele Inseln. Denn dort ist Regenwasser oft die einzige Süßwasserquelle. Dieses sammelt sich meist in flachen Vorkommen oberhalb des Meeresspiegels als See oder flaches Aquifer. Doch wenn die Meeresspiegel steigen, dringt Salzwasser weiter ins Inland vor und droht, diese Reservoire zu versalzen.

Leitfähigkeit
Ergebnis der Leitfähigkeitsmessungen © Attais et al. / Science Advances, CC-by-nc 4.0

Anomalien im Meeresgrund

Doch vor allem bei Vulkaninseln könnte sich Süßwasser noch andernorts verstecken – und dies in weit größeren Mengen als bislang angenommen. Belege dafür haben nun Eric Attias von der University of Hawaii in Manoa und seine Kollegen im Westen der Insel Hawaii entdeckt. Dort hatten sie den vor der Küste liegenden Meeresgrund mit einem elektromagnetischen Leitfähigkeitssensor untersucht. Sie tasteten damit ein rund 40 Kilometer langes und bis zu vier Kilometer vor die Küste reichendes Gebiet ab.

Das Ergebnis: Die Messungen enthüllten auffallende Unterbrechungen in den Leitfähigkeitsdaten. Während der aus porösem Basalt bestehende Untergrund normalerweise mit Salzwasser getränkt und daher sehr leitfähig ist, war dies in zwei ausgedehnten Zonen nicht der Fall: Sie erwiesen sich als so gut wie nichtleitend. Eine dieser Zonen reichte von 100 bis 300 Meter Tiefe, die zweite von 350 bis 500 Meter. Beide erstreckten sich über das gesamte untersuchte Gebiet von vier Kilometer Breite und knapp 40 Kilometer Länge.

Fast fünf Billionen Liter Süßwasser

Doch worum handelte es sich? „Der hohe elektrische Widertand dieser Schichten deutet auf ein Süßwasserreservoir mit extrem geringem Salzgehalt hin“, berichten Attias und sein Team. Demnach muss es vor der Westküste der Insel zwei Schichten aus porösem Gestein geben, die mit Süßwasser gefüllt sind. Der Wasseranteil in diesen Schichten muss ihren Analysen zufolge zwischen 20 und 25 Prozent liegen.

Das aber bedeutet: „Wenn man beide Süßwasserschichten addiert, dann enthält dieses Offshore-Gebiet westlich von Hawaii mindestens 4,75 Kubikkilometer Süßwasser“, sagen die Forscher. Das entspricht fast fünf Billionen Liter. Allerdings umfasst dies nur die bislang vermessenen Gebiete. Die wahre Ausdehnung dieser Reservoire ist noch unbekannt: „Sie könnten in noch größere Tiefen hinabreichen und sich bis zum Rand des Schelfs, sechs bis acht Kilometer vor der Küste, erstrecken“, erklären Attias und seine Kollegen.

Über Lavagänge unters Meer geleitet

Wo aber kommt dieses Süßwasser her? Mithilfe eines geologisch-hydrologischen Modells haben die Wissenschaftler diese Frage geklärt. Demnach ist die Quelle dieses Wassers der Regen, der im Inneren der Insel und an den Hängen des küstennahen Hualalai-Vulkans in den porösen Basalt einsickert. Normalerweise würde sich dieses Sickerwasser schnell mit dem vom Meer aus eindringenden Salzwasser vermischen.

Wasserfluss
So gelangt das Süßwasser in die submarinen Reservoire. © University of Hawaii

Doch in diesem Fall bilden schräg nach unten durch den Vulkanhang führende Lavagänge und andere wasserundurchlässige Gesteinsschichten eine Barriere. Sie ermöglichen es dadurch den Regenwasser, sich in den dazwischen liegenden Basaltschichten anzureichern und über sie unvermischt bis weit unter das Meer hinaus abzufließen. Am Schelfrand könnte dann ein Teil dieses Süßwassers über submarine Quellen wieder aus dem Meeresboden austreten.

Ähnliche Reservoire auch bei anderen Vulkaninseln

„Damit enthüllt unsere Studie einen zuvor unerkannten Mechanismus, der substanzielle Mengen an Süßwasser von landeinwärts liegenden Aquiferen über mehrschichtige Basaltformationen in tiefe submarine Reservoire transportiert“, konstatieren Attias und seine Kollegen. Das könnte bedeuten, dass auch an anderen Stellen vor der hawaiianischen Küste solche submarinen Süßwasserreservoire existieren.

Und nicht nur dort: „Wir vermuten, dass dieser neuentdeckte Transportmechanismus auch bei anderen Vulkaninseln vorherrscht“, sagen die Forscher. „Er könnte daher alternative und erneuerbare Süßwasserressourcen für Vulkaninseln weltweit darstellen.“ Tatsächlich gibt es bereits erste Hinweise, dass solche submarinen Reservoire auch vor den Kapverden, den Galapagosinseln, Reunion und den Komoren vorkommen.

Angesichts der Wasserknappheit, die auf vielen Inseln herrscht, könnten solche Vorkommen eine willkommene Ergänzung der Wasservorräte darstellen. Gleichzeitig illustrieren diese Funde, dass es weltweit deutlich mehr submarine Süßwasserreservoire gibt als lange angenommen. Denn auch in einigen nicht von Vulkanen geprägten Schelfgebieten haben Wissenschaftler bereits ausgedehnte Vorkommen entdeckt – teils mit alten, eiszeitlichen Wasserreserven, teils aber auch mit stetigem Wassernachschub. (Science Advances, 2020; doi: 10.1126/sciadv.abd4866)

Quelle: University of Hawaii at Manoa

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