Geowissen

Hawaii: Verborgene Vulkanverbindung entdeckt

Bebenschwärme verraten Existenz von Magmakanälen zwischen Kilauea und Mauna Loa

Mauna Loa
Die Lava des Mauna Loa, hier bei Ausbruch im November 2022, könnte aus einem gemeinsamen Reservoir mit dem Kilauea stammen. © L. Gallant/ USGS

Tiefe Verknüpfungen: Im Untergrund Hawaiis haben Vulkanologen zuvor unerkannte Transportwege für Magma entdeckt – und eine Verbindung zwischen den Vulkanen Mauna Loa und Kilauea. Sie besteht aus pfannkuchenartig geschichteten flachen Gängen, die in 35 bis 50 Kilometer Tiefe liegen. Anhaltende Erdbebenschwärme legen nahe, dass heißes Magma durch dieses Verteilernetz in die Kruste strömt und dann von dort in die Magmakammern der Vulkane gelangt, wie die Forscher in „Science“ berichten.

Hawaii ist eines der vulkanisch aktivsten Gebiete der Erde, davon zeugen wiederkehrende Eruptionen des Kilauea und im November 2022 ein Ausbruch des zuvor seit 40 Jahren ruhigen Mauna Loa. Ursache dieser feurigen Aktivität ist ein Hotspot: Hawaii bewegt sich über einen Mantelplume hinweg, der heißes Magma aus dem tiefen Erdmantel bis in die Erdkruste befördert.

Big Island
Lage der Vulkane Kilauea und Mauna Loa auf der Hauptinsel von Hawaii, sowie des Orts Pahala, bis zu dem die Bebenschwärme reichen. © NASA/USGS, Landsat

„Blinde Zone“ unterhalb von 15 Kilometer Tiefe

Doch während die Magmakammern und -kanäle direkt unter den Vulkanen relativ gut untersucht sind, blieb unklar, wie das Magma vom leicht versetzt liegenden Hotspot und dem oberen Mantel in diese Reservoire gelangt. „Wir wissen recht gut, was das Magma im flachen Teil des Systems oberhalb von 15 Kilometer Tiefe tut“, erklärt Erstautor John Wilding vom California Institute of Technology. „Aber alles darunter war bisher Spekulation.“

Der Grund dafür: Zwar detektiert das Messnetz des US Geological Survey jedes Jahr tausende schwache Beben im Untergrund von Big Island, die auf Magmabewegungen zurückgehen. Bei Beben aus größeren Tiefen konnten aber die Hypozentren nicht genau genug bestimmt werden, weil zu viel Störrauschen das Signal überdeckte. Deshalb haben Wilding und sein Team nun einen lernfähigen Algorithmus genutzt, um Bebendaten der letzten 3,5 Jahre auszuwerten.

Netzwerk aus flachen Magmaschichten

Dank dieser Methode identifizierten die Vulkanologen mehr als 192.000 schwache Beben, die von einem ausgedehnten Gebiet südlich der beiden Vulkane Kilauea und Mauna Loa ausgingen. Indem sie die Bebenherde jeweils bis auf einen Kilometer genau bestimmten und die Wellenmuster analysierten, konnten sie mithilfe dieser Daten den Untergrund in diesem Gebiet gewissermaßen durchleuchten.

Das überraschende Ergebnis: In einer Tiefe von 36 bis 51 Kilometer unter der Erdoberfläche liegt ein zuvor unerkanntes Netzwerk von seismischen Mantelschwellen und vulkanischen Kanälen. Die übereinander liegenden Schichten ähneln einem Stapel Pfannkuchen – nur dass die magmatischen Pfannkuchen fünf bis sechs Kilometer groß und 300 Meter dick sind. Die einzelnen Magmaschichten sind durch 500 Meter dicke Gesteinsschichten voneinander getrennt.

Bebenherde
3D-Karte der Bebenherde unter Big Island. © Wilding et al.

Nach Angaben des Forschungsteams ist dies das erste Mal, dass magmatische Strukturen in dieser Tiefe direkt kartiert werden konnten. „Vorher wussten wir nur wenig darüber, wie Magma tief unter Hawaii transportiert und gespeichert wird“, sagt Wilding. „Jetzt haben wir erstmals eine hochauflösende Karte für einen wichtigen Teil dieses Leitungssystems.“

Magmazustrom für Kilauea und Mauna Loa

Demnach existiert im oberen Mantel unter Hawaii ein ausgedehnter Komplex von horizontalen Mantelschwellen, zwischen denen Magma fließt. Dieses magmatische Leitungsnetz erstreckt sich von einem Gebiet bei Pahala an der Südostküste der Insel in zwei Abzweigungen bis zu den Vulkanen Kilauea und Mauna Loa. „Der Schwellenkomplex könnte damit als gemeinsame Magmaquelle für Kilauea und Mauna Loa dienen“, schreiben Wilding und seine Kollegen.

Glutflüssige Gesteinsschmelze aus dem abseits der Insel liegenden Mantelplume könnte über diese Leitungen bis unter Big Island und ihre großen Vulkane transportiert werden. „Dieses Ausmaß der Interkonnektivität ist bemerkenswert, denn geochemische und seismologische Daten legten bisher nahe, dass die hawaiianischen Vulkane jeweils eigene Leitungssysteme besitzen, über die sie Magma aus verschiedenen Teilen des Mantelplumes erhalten“, so die Vulkanologen.

Kein Einzelfall?

Das neu identifizierte Leitungsnetz unter Big Island wirft die Frage auf, ob solche seismischen Mantelschwellen auch unter anderen Vulkaninseln existieren. Denn ähnliche Bebenschwärme wurden auch schon bei anderen Inselvulkanen beobachtet, darunter La Reunion, der Kapverdeninsel Fogo und der kanarischen Insel El Hierro. „Vor allem beim Fogo trat der komplexe Bebenschwarm in vergleichbarer Tiefe wie unter Pahala auf und auch bei ihm wurde schon vermutet, dass es sich um seismische Mantelschwellen handelt“, berichtet das Team.

Nach Ansicht von Wilding und seinen Kollegen ist es daher durchaus wahrscheinlich, dass es solche ausgedehnten Magma-Transport-Netzwerke auch unter anderen Inselvulkanen gibt. Künftige Untersuchungen mit präziseren seismischen Messmethoden und Analysen könnten dies klären. (Science, 2022; doi: 10.1126/science.ade5755)

Quelle: California Institute of Technology, Science

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