Im Rahmen des von der Europäischen Kommission geförderten Projektes TROCCINOX (Tropical Convection, Cirrus and Nitrogen Oxides Experiment) werden die Höhenflugzeuge „Geophysica M55“ und „Falcon E-20“ Ende Januar 2005 zu einer Messkampagne in den Süden Brasiliens starten. Die Wissenschaftler wollen umfangreiche Messungen in der Nähe von tropischen Gewittern durchführen und insbesondere die Menge an Stickoxiden, die dabei entsteht bestimmen. Das Experiment soll so zu einem besseren Verständnis tropischer Prozesse mit globaler Auswirkung auf das Klima der Erdatmosphäre führen.
Atmosphärenforschung in den Tropen von hohem aktuellen Interesse
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Die Prozesse in den Tropen beeinflussen das Klima der Erde in vielfältiger Weise. Hier gibt es noch große Kenntnislücken. Die tropische Atmosphäre ist daher von hohem aktuellem Interesse für die Forschung. Ein Ziel der Wissenschaftler ist es deshalb, die Menge an Stickoxiden, die in Gewittern entstehen, zu bestimmen. Stickoxide beeinflussen die Photochemie in der Atmosphäre und damit die Konzentration von Treibhausgasen wie Ozon und Methan.
Stickoxide werden sowohl in technischen Prozessen (zum Beispiel in Verbrennungsmotoren) als auch in der Natur gebildet. Um den Beitrag von technischen Maßnahmen zum Klimaschutz bewerten zu können, muss man die natürlichen Beiträge kennen.
Gewitter als Sickstoffquelle
Der Löwenanteil der „natürlichen“ Stickoxide stammt aus Gewittern, insbesondere über den Kontinenten und da vor allem in den Tropen. Sie entstehen, wenn ein Blitz seine enorme gebündelte Energie freisetzt und die beiden Hauptbestandteile der Luft, Stickstoff (N2) und Sauerstoff (O2), miteinander zu Verbindungen dieser beiden Stoffe reagieren lässt. Die Menge an Stickoxiden, die dadurch weltweit entsteht, ist bis heute nur ungenau bekannt. Bisherige Schätzungen schwanken zwischen einer und zwanzig Millionen Tonnen Stickstoff pro Jahr. Mit den Experimenten soll die Unsicherheit in dieser Schätzung zumindest halbiert werden.
Eine erste Messkampagne mit 14 Messflügen über Brasilien wurde allein mit der Falcon im Februar und März 2004 – ebenfalls in diesem EU-Projekt – durchgeführt. Dabei wurden erstmals systematisch in der Nähe von Gewittern über Land in den Tropen gemessen. Die Forschungen haben eine Vielzahl wertvoller Daten geliefert. Die Messdaten deuten darauf hin, dass weniger als zehn Millionen Tonnen Stickstoff pro Jahr aus Gewittern stammen.
Allerdings erreicht die Falcon nur Höhen bis etwa zwölf Kilometern. Da die Gewittertürme aber in der Regel Höhen von mehr als 15 Kilometer erreichen und oberhalb zwölf Kilometer möglicherweise noch viel zu den Stickoxiden beitragen, sollen die Messungen jetzt mit der Geophysica in größere Höhen ausgeweitet werden.
Die Geophysica und die Falcon werden in den nächsten Tagen bei einem Rundflug von Oberpfaffenhofen aus die Instrumente testen. Bald danach werden sie gemeinsam (über Sevilla in Spanien, die Kapverdischen Inseln und Recife in Brasilien) zu dem Flughafen Araçatuba etwa 500 Kilometer westlich von Sao Paulo in Brasilien starten. Über die Ergebnisse dieser Messungen wird das DLR berichten, wenn die beiden Messflugzeuge aus Brasilien zurückgekehrt sind.
Die Geophysica
Die Geophysica wurde 1989 von der Firma Myasishchev Design Bureau bei Moskau ursprünglich als Aufklärer entwickelt. Soweit bekannt, wurde das Flugzeug nie militärisch eingesetzt. Stattdessen wird es seit 1996 für Forschungszwecke genutzt. Das Flugzeug hat eine Spannweite von 37,5 Meter, eine Länge von 23 Meter, ein Startgewicht von 24,5 Tonnen, eine Reichweite von 3.000 Kilometer und eine Gipfelhöhe von 20 Kilometer. Es ist mit zwei Strahltriebwerken ausgerüstet und wird von einem Piloten geflogen.
(DLR, 18.01.2005 – DLO)