Höhlen bergen eine ganze eigene Fauna: Weit entfernt von Sonnenschein und grüner Wiese gelten sie als Experimente der Evolution, als Versuchslabore der Überlebensstrategien unter der Erde. Jetzt haben Wissenschaftler systematisch die Artenvielfalt von Höhlen der gemäßigten Breiten untersucht und dabei bestimmte „Hot-Spots“, Stellen mit besonders hoher Biodiversität identifiziert.
Ein internationales Team von Wissenschaftlern um David C. Culver von der amerikanischen Universität in Massachusetts und Anne Bedos vom Naturkundemuseum in Paris werteten mehr als 4.300 Berichte über obligat höhlenlebende terrestrische Wirbellose in sieben Kernzonen der nördlichen gemäßigten Breiten quantitativ aus. Mit einbezogen wurden jedoch auch qualitative Daten aus 16 weiteren Regionen.
Diese, jetzt der Zeitschrift „Ecography“ veröffentlichte „Volkszählung“ ergab unter anderem deutliche Häufungen der Höhlentiere in bestimmten Regionen: In Nordamerika fanden die Forscher die höchste Diversität in Alabama, in Europa dagegen in Ariège in Südfrankreich und in Slowenien.
Nach Ansicht der Wissenschaftler könnte dies auf eine biogeographische Komponente hindeuten: „Wir vermuten, dass es auf 42 bis 46 Grad nördlicher Breite in Europa und 34 Grad in Amerika eine Art „Bergrücken“ hoher Biodiversität gibt“, erklärt Culver. „In diesen Regionen ist sowohl die Höhlendichte als auch die Produktivität groß. Das könnte auf eine starke Abhängigkeit der Höhlengesellschaften auf die Produktivität der Oberflächenökosysteme hindeuten.“
Da die meisten Lebensgemeinschaften zum Überleben auf Ressourcen angewiesen sind, die von der Oberfläche in die Tiefe gelangen, könnte dies nach Ansicht der Forscher auch die deutliche Musterbildung in der Verteilung der unterirdischen Artenvielfalt erklären.
(Blackwell Publishing Ltd., 17.02.2006 – NPO)