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Klima

„Holzgräber“ könnten riesige Mengen CO2 speichern

Günstige Carbon-Storage-Methode setzt auf vergrabene Baumstämme

Tote Baumstämme auf einem Waldboden
An der frischen Luft verrotten abgestorbene Bäume innerhalb weniger Jahre und geben gespeichertes CO2 wieder frei. Werden die Baumstämme jedoch vergraben, wird das Holz langfristig konserviert. © geogif / iStock

Holz als Klimaschutzhelfer: Ingenieure haben eine neuartige Methode entwickelt, um das Treibhausgas CO2 aus der Atmosphäre zu entfernen und für Jahrhunderte oder länger im Erdboden zu speichern. Dafür werden Bäume oder Holzreste in luftdichten unterirdischen Kammern eingeschlossen, wo die Biomasse nicht verrotten kann. Dieser Ansatz wäre sowohl effektiv als auch kostengünstig, legen erste Tests nahe. Doch wie nachhaltig sind diese „Holzgräber“ wirklich?

Um die Erderwärmung zu begrenzen und Netto-Null-Emissionen zu erreichen, ist es inzwischen nicht mehr genug, nur den Ausstoß von Treibhausgasen zu senken – der Klimawandel schreitet zu schnell fort. Deswegen suchen Forschende auch nach Wegen, um bereits freigesetzte Treibhausgase wieder aus der Atmosphäre zu entfernen. So soll CO2 im Rahmen des sogenannten Carbon Capture and Storage (CCS) aus der Luft oder aus Abgasen abgetrennt und in klimaunschädlicher Form gespeichert werden – etwa als Gestein, in alten Gaskavernen oder im Meeresgrund.

Als wichtige natürliche Treibhausgas-Senke gelten hingegen Wälder. Die Bäume nehmen CO2 aus der Atmosphäre auf, wandeln es über die Photosynthese um und speichern es in Form von Biomasse. Aufforstungs– und Renaturierungsprojekte sind daher ein zentraler Bestandteil im Klimaschutz. Wenn die Bäume jedoch verbrennen oder absterben und verrotten, wird das gespeicherte CO2 wieder freigesetzt. Auf lange Sicht betrachtet tragen Wälder daher eher wenig zum Klimaschutz bei.

Zufallsfund eröffnet neue Möglichkeiten

Ein Team um Ning Zeng von der University of Maryland hat nun untersucht, ob sich hölzerne Biomasse so konservieren lässt, dass das darin gebundene CO2 dem globalen Kohlenstoffkreislauf über hunderte Jahre oder mehr entzogen bleibt. Inspiriert wurden die Umweltingenieure von einem 3.775 Jahre alten Baumstamm eines Virginischen Wacholders, den sie durch Zufall fanden. Der Baum war zwei Meter tief im Lehmboden in der Nähe von Montreal vergraben und dadurch erstaunlich gut erhalten.

Nach ihrer Entdeckung verglichen Zeng und seine Kollegen Struktur und chemische Zusammensetzung dieses alten Baumstamms mit Proben von heutigen Bäumen derselben Art. Diese frischen Holzstücke vergruben sie zudem in einem künstlichen „Holztresor“ – einer lehmbedeckten Kammer im Erdboden, die Verfall und Zersetzung verhindern soll.

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Ohne Sauerstoff keine Verwesung

Der Vergleich ergab, dass der alte Wachholderstamm nur rund fünf Prozent seines zu Lebzeiten gespeicherten Kohlenstoffs verloren hatte – vor oder während der knapp 4.000 Jahre im Boden. Strukturell ähnelte er noch immer stark den heutigen Bäumen. „Dass keine Verwesung zu beobachten ist, ist vermutlich auf die geringe Durchlässigkeit des kompakten Lehmbodens an der Grabstätte zurückzuführen“, schreiben die Forschenden.

So kam der Stamm nicht mit Sauerstoff in Kontakt, auf den holzabbauende Insekten und Pilze jedoch angewiesen sind. Zwar gibt es einige Bakterien, die Holz auch ohne Sauerstoff abbauen können, jedoch nicht alle Komponenten. Zudem gilt: Je dicker der Stamm, desto schlechter ist er für diese Bakterien zugänglich. Diese Bedingungen bildeten Zeng und seine Kollegen in ihrem experimentellen „Holzgrab“ nach und berechneten mit Computermodellen das Potenzial dieser Speichermethode.

Baumstämme auf einem Haufen
Für die CO2-Speicherung in „Holzgräbern“ wäre nur ein kleiner Teil der weltweiten Bäume oder Holzreste aus der Forstwirtschaft oder nach Sturmschäden nötig. © Guasor/ iStock

Günstige Alternative zur CO2-Speicherung?

Das Ergebnis: Das Vergraben und luftdichte Isolieren von Holz kann sich lohnen. Denn indem Holz in einer solchen unterirdischen Vorrichtung eingeschlossen wird, könnten dem globalen Kohlenstoffkreislauf jährlich bis zu zehn Gigatonnen CO2 entzogen werden. Dafür wäre nur ein kleiner Teil der weltweiten Bäume oder Holzreste aus der Forstwirtschaft oder nach Sturmschäden nötig – knapp fünf Prozent, wie das Team ermittelte.

Pro Tonne CO2 würde dieses Vorgehen außerdem nur rund 100 Dollar kosten, so die Wissenschaftler. Das wäre deutlich weniger als andere Carbon-Storage-Ansätze. Die CO2-Speicherung im Meer kostet beispielsweise rund 1400 Dollar pro Tonne CO2. „Somit bietet die Holzvergrabung im Spektrum der CO2-Entfernungsmethoden ein gutes Gleichgewicht zwischen Kosten und Wirksamkeit“, schreiben Zeng und Kollegen.

Folgen für Umwelt und Wirtschaft unklar

Die Ergebnisse legen nahe, dass diese Methode das CO2 deutlich länger aus der Atmosphäre entfernen würde als natürliche Wälder es können. Wie nachhaltig und wirtschaftlich diese Technik jedoch tatsächlich ist, müssen erst noch weitere Tests zeigen.

„Eine vollständige Lebenszyklusanalyse ist erforderlich, um die Nettoemissionen und Auswirkungen auf Ökosysteme, Lieferketten und Holztresore zu quantifizieren, und zu verstehen, wie sich diese Auswirkungen je nach Standort und Holzquelle unterscheiden“, schreibt der Umweltwissenschaftler Yuan Yao von der Yale University in einem begleitendenden Kommentar zur Studie. „Diese Erkenntnisse werden für die Entwicklung von Projekten zur Biomasse-Bestattung auf globaler Ebene von entscheidender Bedeutung sein.“ (Science, 2024; doi: 10.1126/science.adm8133)

Quelle: American Association for the Advancement of Science (AAAS)

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