Die Ausbreitung des modernen Menschen von Afrika aus über die Welt ereignete sich wahrscheinlich 40.000 bis 50.000 Jahre später als bisher angenommen. Das hat eine jetzt in der Zeitschrift „Science“ veröffentlichte Studie amerikanischer Anthropologen ergeben. Offenbar entwickelte sich der moderne Mensch zwar schon vor 100.00 Jahren, begann aber erst vor rund 60.0000 Jahren mit seiner Wanderung.
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Gleich drei Artikel in der aktuellen Ausgabe der „Science“ beschäftigen sich mit der Ausbreitung des modernen Menschen während es letzten Eiszeitalters. „Alle haben eines gemeinsam“, erklärt Ted Goebel von der Texas A&M Universität und Leiter der Studie. „Sie alle versuchen herauszufinden und zu belegen, wann der moderne Mensch sich in Afrika entwickelte und wann er den Kontinent verließ und die verschiedenen Gebiete der Alten Welt besiedelte.“
Auswanderung erst vor 50.000 bis 60.000 Jahren
Bisherige Theorien gingen davon aus, dass sich der moderne Homo sapiens vor 100.000 Jahren aus Afrika heraus ausbreitete. Neue, unter anderem von Goebel erhobene Daten jedoch deuten daraufhin, dass diese Wanderungsbewegung sich erst später, erst vor 50.000 bis 60.000 Jahren ereignete. Die neuen Informationen basieren auf paläontologischen Auswertungen von menschlichen Fossilien und Analysen der mitochondrialen DNA dieser Knochen, darunter einem 1952 gefundenen Schädel aus Hofmeyer in Südafrika, Relikten aus Westasien und einer Fundstätte am Don in Russland.
In einer Kombination verschiedener Datierungsmethoden bestimmten Forscher das Alter der im Hofmeyer-Schädels abgelagerten Sedimente auf rund 36.000 Jahre. Damit ähnelt er eher den modernen Menschen des steinzeitlichen Europa als den heutigen Südafrikaner oder den Neandertalern.
Neue Daten helfen, Modelle zu testen
„Die Vorstellung ist nun, dass sich der moderne Mensch vor 100.000 Jahren in Ostafrika entwickelte“, erklärt Goebel. „Als sie die körperlichen Merkmale und das Verhalten entwickelten, die wir als modern ansehen, begannen sie, neue Gebiete zu besiedeln. Die neuen Belege deuten darauf hin, dass der moderne Mensch erst sehr spät im Pleistozän Afrika verließ.“ Noch eine weitere Überraschung boten die neuen Daten: Offenbar erreichte der moderne Homo sapiens Eurasien und Russland genauso früh wie Europa – und damit früher als bisher angenommen.
„Warum ist das etwas Besonderes? Das Entscheidende ist, dass wir zwar Modell haben, um den Ursprung und die Verbreitung des modernen Menschen zu erklären“, so Goebel. „Aber wir haben noch immer nicht alle Belege, die wir brauchen, um diese Modell zu testen – und sie so zu bestätigen oder zu widerlegen. Jetzt haben wir drei weitere Puzzlestücke und sie helfen uns, die neuen Theorien zu testen und unterstützen zudem die Annahme, dass sich der modernen Mensch in Afrika entwickelte.“
(Texas A&M University, 12.01.2007 – NPO)