Geowissen

Hunderte hydrothermale Schlote entdeckt

Plattengrenze vor der Nordwestküste der USA hat weit mehr Vents als gedacht

hydrothermale Schlote
Diese topografische Karte des Meeresgrunds zeigt nur einige der 572 neuentdeckten hydrothermalen Schlote vor der US-Nordwestküste. © 2020 MBARI

Säulenwald am Meeresgrund: Vor der Westküste der USA haben Forscher fast 600 neue hydrothermale Schlote entdeckt. Diese bis zu 25 Meter hohen Säulen sind nur teilweise aktiv und vermutlich mehrere tausend Jahre alt. Wegen der schwierigen Sichtbedingungen in knapp 3.000 Metern Tiefe gelang die Kartierung der Schlote erst mit einem speziellen Tauchroboter. Die neuentdeckten Vents erlauben auch Rückschlüsse über die Aktivität an solchen mittelozeanischen Rücken.

Sie sind die Geysire der Tiefsee: An hydrothermalen Schloten tritt heiße, mineralreiche Flüssigkeit aus, die im Untergrund vom Magma aktiver Plattengrenzen oder Unterseevulkanen aufheizt wurde. Solche Schwarzen Raucher und Vents häufen sich daher meist entlang von unterseeischen Plattengrenzen, wie am mittelatlantischen Rücken, in der Karibik oder vor der Nordwestküste der USA. Dort zeugt der vulkanisch aktive Juan-de-Fuca-Rücken von anhaltenden Bewegungen der Erdplatten.

Schwarzer Raucher
Aktive Schwarze Raucher im Endeavour-Segment des Juan-de-Fuca-Rückens. © 2020 MBARI

Suche in Dunkelheit und Schwebstoff-Nebel

An einem Teilabschnitt des Juan-de-Fuca-Rückens haben nun Forscher erstmals einen Überblick darüber gewonnen, wie viele hydrothermale Schlote es dort gibt. Zwar ist dieses sogenannte Endeavour-Segment schon länger für seine aktiven Schwarzen Raucher bekannt, aber wegen der Dunkelheit und schlechten Sicht konnten bislang nur die größten Schlote von Sonarkartierungen oder Tauchrobotern erfasst werden.

„Dort unten herrscht eine sehr schlechte Sicht, weil Schwebstoffe im Wasser eine Art Nebel erzeugen“, berichtet David Clague vom Monterey Bay Aquarium Research Institute (MBARI). Erst jetzt ist es dem Team gelungen, diesen Nebel mit einem speziellen Sonar-Tauchroboter zu durchdringen. 50 Meter über Grund schwebend, tastete dieser Roboter im Laufe seiner 140 Tauchgänge den Meeresboden mit einer Auflösung von 1,25 Metern ab.

Fast 600 neue Schlote

Das überraschende Ergebnis: Dort, wo man zuvor nur ein paar Dutzend Schlote vermutete, enthüllte die Kartierung 572 hydrothermale Vents. Sie sind zwischen drei und 27 Meter hoch und stehen teilweise erstaunlich nah an altbekannten „Rauchern“: „Es gab einen gut untersuchten Schlot, bei dem sich die Zusammensetzung der austretenden Flüssigkeit von einem Tauchgang zum nächsten zu ändern schien“, berichtet Clague. „Erst durch unsere Kartierung fiel auf, dass es dort zwei eng beieinander stehende Schlote gibt.“

Viele der neuentdeckten Schlote sind eher mittelgroß und offenbar nicht mehr aktiv, wie die Forscher berichten. Das unterscheidet sie von den schon zuvor bekannten Schwarzen Raucher in diesem Gebiet, die ständig heiße Flüssigkeit ausstoßen und dabei weiter anwachsen. Im Gegensatz dazu stockte das Wachstum der neuentdeckten Säulen offenbar, weil Mineralablagerungen den Schlot verstopften.

Die Ruhe vor dem Sturm?

Nach Ansicht der Wissenschaftler könnte der hohe Anteil inaktiver Schlote darauf hindeuten, dass diese hydrothermalen Felder schon relativ alt und wenig vulkanisch aktiv sind. Denn aktivere Felder werden häufiger von Lava überströmt, die dann kleinere, verstopfte Schlote unter sich begräbt. Das jetzt kartierte Gebiet scheint dagegen schon seit rund 4.300 Jahren keinen vulkanischen Ausbruch mehr erlebt zu haben, wie Clague und seine Kollegen berichten.

Doch das könnte sich ändern: Die Forscher vermuten, dass sich die eher ruhige Phase des Endeavour-Segments ihrem Ende nähert. Denn ihren Untersuchungen nach zeigen mittelozeanische Rücken eine zyklische, aus drei Phasen bestehende Abfolge der Aktivität: Am Anfang gibt es eine mehrere zehntausend Jahre lange magmatische Phase, in der große Ausbrüche den Rücken und seine Vulkane bilden. Darauf folgt für rund 5.000 Jahre eine tektonische Phase, in der der Magma-Nachschub nachlässt. Der Meeresgrund kühlt ab und es bilden sich Risse und Verwerfungen

Kurz vor einer neuen magmatischen Phase

Dann beginnt die hydrothermale Phase eines mittelozeanischen Rückens: Im Untergrund steigt nun allmählich wieder mehr Magma auf und heizt die in der Kruste zirkulierenden Flüssigkeiten auf. Diese gelangen über die Schlote nach draußen. Wie die Forscher erklären, dauert diese Phase einige tausend Jahre an, bevor dann erneut eine magmatische Phase folgt – der Zyklus beginnt wieder von vorn.

Nach Ansicht von Clague und seinen Team befindet sich das Endeavour-Segment am Ende der hydrothermalen Phase und im Untergrund sammelt sich schon neues Magma. Wann dieses jedoch aufsteigt und Ausbrüche verursacht, bleibt vorerst offen. (Geochemistry, Geophysics, Geosystems, 2020; doi: 10.1029/2020GC008917)

Quelle: Monterey Bay Aquarium Research Institute (MBARI)

Keine Meldungen mehr verpassen – mit unserem wöchentlichen Newsletter.
Teilen:

In den Schlagzeilen

News des Tages

Skelett eines ungeborenee Kindes

So entstehen die Knochen des ungeborenen Kindes

Astronomen entdecken jüngsten Transit-Planet

Mehr Blackouts durch Wind- und Sonnenstrom?

Parkinson: Wenn mehr Dopamin mehr Zittern bedeutet

Diaschauen zum Thema

Dossiers zum Thema

Seamounts - Geheimnisvolle Giganten der Tiefsee

Bücher zum Thema

Landschaftsformen - Unsere Erde im Wandel - den gestaltenden Kräften auf der Spur von Karsten Schwanke, Nadja Podbregar, Dieter Lohmann und Harald Frater

Die unruhige Erde - von Erhard Keppler

Vulkanismus - von Hans-Ulrich Schmincke

Top-Clicks der Woche