Gefährliche Langsamzieher: Tropische Wirbelstürme bewegen sich immer langsamer über unseren Planeten hinweg, wie eine Analyse globaler Wetterdaten offenbart. In den letzten 70 Jahren hat sich demnach das Tempo solcher Stürme im Schnitt bereits um zehn Prozent verringert – mancherorts sogar um 30 Prozent. Die Folge: Die Stürme bleiben länger über einer Region hängen und können stärkere Regenfälle und Überschwemmungen verursachen, wie Forscher im Fachmagazin „Nature“ berichten. Ein möglicher Auslöser dieses Trends: der Klimawandel.
Tropische Wirbelstürme wie Hurrikan Harvey oder Supersturm Sandy haben in den vergangenen Jahren immer wieder verheerende Schäden angerichtet. Klimaforscher gehen davon aus, dass solche Wetterkatastrophen in Zukunft sogar noch häufiger werden könnten. Denn zum einen werden die Stürme durch die Erderwärmung intensiver. Zum anderen verändern sich auch ihre Zugbahnen, sodass auch einst außerhalb der Gefahrenzone liegende Regionen zunehmend von solchen Wetterereignissen heimgesucht werden.
Zehn Prozent langsamer
Doch das ist nicht alles: Auch die Geschwindigkeit, mit der die Wirbelstürme über unseren Planeten hinweg ziehen, scheint sich zu verändern. Um dieses Phänomen genauer zu untersuchen, hat James Kossin von den NOAA National Centers for Environmental Information in Madison globale Wetterdaten aus den vergangenen 70 Jahren ausgewertet. Seine Analyse zeigt: Zwischen 1949 und 2016 haben sich tropische Zyklone weltweit im Schnitt um zehn Prozent verlangsamt.
Diese Drosselung des Tempos ist demnach in beiden Hemisphären und über jedem Ozeanbecken – mit Ausnahme des nördlichen Indischen Ozeans – zu beobachten. Doch es gibt deutliche regionale Unterschiede: Über Landflächen, die von Wirbelstürmen im westlichen Nordpazifik beeinflusst werden, hat sich die Geschwindigkeit den Daten zufolge mit Abstand am stärksten verringert: um 30 Prozent. Im Atlantik ziehen die Tropenstürme inzwischen 20 Prozent langsamer als 1949 über Land und in der Region rund um Australien hat sich ihr Tempo um 19 Prozent vermindert.
Lokal mehr Niederschlag
Doch was bedeutet das? Je langsamer sich ein tropischer Wirbelsturm bewegt, desto länger steht er über einer bestimmten Region – und kann dieser folglich umso mehr schaden. „Diese Entwicklung führt dazu, dass sich die lokalen Regenmengen erhöhen und die örtliche Flutgefahr steigt“, erklärt Kossin. Bestes Beispiel dafür ist Hurrikan Harvey, der im Sommer 2017 tagelang über Texas verharrte und durch seinen Starkregen verheerende Überschwemmungen anrichtete.
Wie der Forscher ermittelte, kann schon die Verlangsamung eines Zyklons um zehn Prozent enorme Auswirkungen haben. Kombiniert mit dem erhöhten Wasserdampfgehalt der Atmosphäre, wie er durch eine Erwärmung um ein Grad verursacht wird, könnte diese Verlangsamung des Sturms die Niederschlagsmengen verdoppeln.
Liegt es am Klimawandel?
Eine mögliche Ursache für die Verlangsamung der Tropenstürme sehen die Forscher im Klimawandel. „Die beobachteten zehn Prozent Geschwindigkeitsverlust sind in einer Zeit passiert, in der sich der Planet um 0,5 Grad Celsius erwärmt hat“, sagt Kossin. Schon länger ist bekannt, dass die globale Erwärmung die atmosphärischen Zirkulationen verändert – die großräumigen Strömungen, die unser Wetter, aber auch das Verhalten von Stürmen beeinflussen.
Prognosen zufolge wird die Zirkulation, die die Bewegung tropischer Zyklone kontrolliert, in Zukunft immer weiter abgeschwächt werden. „Es sind weitere Studien nötig, um zu bestimmen, wie viel mehr sich tropische Wirbelstürme angesichts der anhaltenden Erwärmung verlangsamen werden“, betont Kossin. Denn wie er betont, gibt es zahlreiche Faktoren, die die Zuggeschwindigkeit von Zyklonen beeinflussen.
Doch den häufig von Tropenstürmen betroffenen Gebieten könnten in jedem Fall schwierige Zeiten bevorstehen. Sie müssen während kommender Stürme damit rechnen, dass Starkregen und Überschwemmungen heftiger werden. „Jeder systematische Wechsel der Zuggeschwindigkeit tropischer Wirbelstürme – insbesondere über Land – ist daher hoch relevant, wenn man potentielle Veränderungen lokaler Regenmengen berechnen möchte“, schließt Kossin. (Nature, 2018; doi: 10.1038/s41586-018-0158-3)
(NOAA/ Nature Press, 07.06.2018 – DAL)