Ein bislang unbekanntes System aktiver Verwerfungen im Indischen Ozean hat sich als die Grenze zwischen Indischer und Arabischer Platte entpuppt. Die von einem französischen Forscherteam entdeckte 800 Kilometer lange Nahtstelle ist noch heute aktiv und löst häufig riesige Erdrutsche aus. Daher muss nun auch das Erdbeben- und Tsunami-Risiko im Indischen Ozean neu bewertet werden, schlussfolgern die Geologen in der Fachzeitschrift „Earth and Planetary Science Letters“.
Seitdem sich die Theorie der Plattentektonik von Alfred Wegener in den 1960er Jahren endlich allgemein durchgesetzte, sind die „Nahtstellen“ der Erdkruste Gegenstand intensiver Forschungen. Vor allem die Plattengrenzen, entlang derer sich Vulkane oder Erdbeben häufen, stehen heute unter fast ständiger Überwachung. Aber dennoch gibt es noch immer Bereiche, die entweder zu ruhig oder zu unauffällig sind um bisher genauer untersucht worden zu sein.
Ein solcher „weißer Fleck“ auf der Forschungslandkarte ist auch die Plattengrenze zwischen der Indischen und der Arabischen Platte. Beide Platten gleiten in Höhe der so genannten Owen-Bruchzone im Indischen Ozean aneinander vorbei. Diese Zone zeichnet sich durch eine geringe Seismizität und eine Falte aus, die sich bis zu 2.000 Meter über den Ozeanboden erhebt. Die Arabische Platte bewegt sich, etwas schneller als die Indische Platte, mit einer Geschwindigkeit von zwei bis vier Millimeter pro Jahr nach Norden.
800 Kilometer langes Verwerfungssystem
Dank der „Owen“ Expedition im Jahr 2009 gelang es einem Forscherteam des Instituts für Geowissenschaften Paris (iSTeP), des Labors für Geologie des CNRS und des Forschungszentrums Géoazur diese Grenze zwischen der arabischen und der indischen Platte nun genauer zu definieren. Die Forscher stützten sich bei ihrer Arbeit auf ein hochauflösendes Tiefseelot an Bord des Forschungsschiffes Beautemps-Beaupré.