Dass Frauen in eingen Gebieten Probleme in der räumlichen Orientierung haben, könnte auch mit der Form und Größe ihres Innenohres zusammenhängen. Forscher der Universität Toronto haben herausgefunden, dass bestimmte Strukturen im Gleichgewichtsorgan deutliche Unterschiede zwischen Männern und Frauen aufweisen.
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In der im Journal Perception veröffentlichten Studie untersuchten die Forscher, ob Unterschiede in der räumlichen Orientierung zwischen den Geschlechtern physiologische oder aber psychologische Ursachen hat. Luc Tremblay, Professor der Fakultät für Gesundheitserziehung der Universität, bat in dem Versuch, 24 Freiwillige, 11 Männer und 13 Frauen, mit einem Laserpointer genau geradeaus – senkrecht zur Körperachse – zu zeigen. Dies sollten die Probanden sowohl in aufrechter als auch in 45° Schieflage und in absoluter Dunkeheit durchführen. Als Hilfestllung bat Tremblay sie, sich dabei auf äußere oder innere Signale zu konzentrieren, die ihnen ihre Orientierung im Raum verraten könnten.
Es zeigte sich, dass es deutliche Unterschiede zwischen den Geschlechtern gab, obwohl die Hinweise auf innere Reize den Frauen halfen, den Laser besser auszurichten. Fraune tendierten mehr dazu, mit dem Laser in Richtung ihrer Füße abzudriften. „Wir glauben, dass es physiologische Unterschiede zwischen den Geschlecht4rn gibt“, erklärt Trembay. „Die Otolithen, Strukturen im Innenohr, die für die Schwerkraftmessung zuständig sind, sind tendenziell in Männern größer ausgeüprägt als in Frauen und könnten es Männer erleichtern, sich in bestimmten Umgebungen besser zurecht zu finden als Frauen.“
Allerdings haben Frauen unter bestimmten Bedingungen auch Vorteile gegen über ihren männnlichen Artgenossen, wie Tremblay erklärt: In einer extrem reizarmen Umgebung irren sie sich zwar häufiger in ihrer Einschätzung, wann etwas horizontal ist, dafür sind Männern aber unter anderen Bedingungen, beispielweise bein Fahren eines Autos oder Fliegen eines Flugzeugs durchaus überlegen
Das könnte bedeuten, dass Fruaen unter Umständen besser als Männer „Worst-Case“ Szenarios in der räumlichen Orientierung vermeiden, weil sie sensorische Reize vorsichtiger interpretieren, während Männern eher Risiken eingehen. Ein Beispiel, so Tremblay, ist das Fliegen eines Flugzeugs ohne Sicht: „Weil Frauen ihre Horizontale eher ein paar Grad tiefer schätzen als sie in Wirklichkeit ist, neigen sie dazu, das Flugzeug hoch zu ziehen –und dirigieren es damit weg vom Boden.“
Diese Erkenntnisse könnten sich in praktische Anwendungen niederschlagen wie beispielsweise in einem geschlechtsspezifischen Training für Extremsitutationen wie in der Luft- und Raumfahrt. „Es ist wichtig zu wissen, wie sich Männer und Frauen in Bezug auf die komplexe Interaktion von Wahrnehmung und Motorik unterscheiden um Arbeits-, Freizeit und Rehabilitationsumgebungen zu entwickeln, die Sicherheit und Topp-Performance sicherstellen“, so der Forscher.
(University Of Toronto, 09.08.2004 – NPO)