Klima

IPCC: Es wird knapp

Nur kombinierte Maßnahmen und sofortiges Handeln machen Zwei-Grad-Ziel noch erreichbar

Deckblatt des 3. Teils des aktuellen Weltklimaberichts © IPCC

Nicht einfach, aber noch immer möglich: Noch kann die globale Erwärmung auf unter zwei Grad begrenzt werden – das ist die Hauptbotschaft des dritten Teils des aktuellen Weltklimaberichts des IPCC. Das aber erfordert umfangreiche Maßnahmen und auch die Schaffung entsprechend schlagkräftiger Institutionen, so die Klimaforscher. Ein wichtiger Faktor für den Klimaschutz seien dabei vor allem die erneuerbaren Energien.

Mit dem dritten Teil, der die möglichen Maßnahmen gegen die globale Erwärmung beleuchtet, ist der aktuelle Bericht des Weltklimarats IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change) nun komplett. Der erste Teil war bereits im Herbst 2013 erschienen und referierte den Stand des Weltklimas und die Prognosen. Der zweite, erst vor zwei Wochen veröffentlichte Teil, informierte über die zu erwartenden Klimafolgen. Im aktuellen Teil geht es nun um die Frage, was wir tun können und wie groß die Chancen noch sind, die schlimmsten Effekte abzuwenden.

Klare Botschaft – wenig Resonanz

Letztlich ist auch dieser Berichtsteil nichts wirklich Neues. Denn was getan werden müsste, ist schon seit langem bekannt – allein es fehlen die Taten. „Es gibt eine klare Botschaft von der Wissenschaft: Um gefährliche Störungen des Klimasystems zu vermeiden, müssen wir uns vom business as usual wegbewegen“, konstatiert Ottmar Edenhofer vom Potsdam Institut für Klimafolgenforschung (PIK), einer der drei Leiter der Arbeitsgruppe III des IPCC.

Bisher allerdings macht die Menschheit dafür keinerlei Anstalten – auch das zeigt der Bericht: Trotz Klimaschutzanstrengungen steigen die weltweiten Treibhausgas-Emissionen weiterhin immer schneller an. Der Ausstoß lag zwischen 2000 und 2010 so hoch wie in keinem Jahrzehnt zuvor. Hauptquellen sind mit 35 Prozent der Energiesektor, gefolgt von der Landnutzung, so die Forscher. Sie haben anhand von rund 900 verschiedene Szenarien durchgerechnet, welche Maßnahmen am ehesten wie wirken.

Wo werden die meisten Treibhasgase produziert? © IPCC WG III

Substanzielle Investitionen nötig

Ihr Ergebnis: Um die Klimaerwärmung auf zwei Grad zu begrenzen, bedarf es eines tiefgreifenden technologischen, wirtschaftlichen und institutionellen Wandels. Und: Je länger gezögert wird, desto höher sind die Kosten. Die Szenarios zeigen, dass die globalen Treibhausgas-Emissionen bis 2050 um 40 bis 70 Prozent gegenüber den Werten von 2010 gesenkt werden müssen, bis Ende des Jahrhunderts sogar auf nahe Null. Nur dann besteht eine Chance, dem Zwei-Grad Ziel zumindest nahe zu kommen.

„Es gibt viele verschiedene Wege, die eine Zukunft innerhalb des Zwei-Grad-Ziels ermöglichen“, konstatiert Edenhofer. „Aber sie alle erfordern substanzielle Investitionen.“ Senken lassen sich die Kosten nur durch sofortiges Handeln und die Nutzung einer breiten Kombination aus Maßnahmen. Angesetzt werden muss vor allem am Energiesektor, aber auch an der Landnutzung, der Industrie und dem Verkehr.

Um das Ziel zu erreichen, könnten neben ambitioniertem Klimaschutz zudem auch geotechnologische Maßnahmen nötig sein, mit denen CO2 aus der Atmosphäre entfernt wird, wie die IPCC-Forscher einräumen. Dies könnte durch großskalige Aufforstung oder durch Kombination von Bioenergie mit CO2-Abscheidung und -Speicherung geschehen. Allerdings: Diese Technologien sind größtenteils noch nicht einsatzbereit und ihre Risiken nur in Teilen erforscht.

CO2-Emittent Kraftwerk © BMU/H.G.Oed

Genügend Einsparpotenziale sind da

Am vielversprechendsten und dringendsten sehen die IPCC-Forscher einen Wandel in der Energiegewinnung: Denn wir hier nichts getan, steigen die Emissionen durch Kraftwerke und Co bis 2050 auf das Doppelte oder sogar Dreifache. Eine verstärkte Nutzung erneuerbarer Energien ist nach Ansicht der IPCC-Forscher unverzichtbar, wenn dies verhindert werden soll. Technische Fortschritte und gesunkene Kosten dafür machen dies zudem einfacher als noch vor einigen Jahren.

Aber auch eine höhere Energiereffizienz mahnen sie an: „Wenn wir den Energieverbrauch reduzieren, gibt uns das mehr Flexibilität in der Auswahl der CO2-armen Technologien“, erklärt Ramón Pichs-Madruga, ebenfalls einer der Leiter der Arbeitsgruppe III. Der Ersatz von Kohlekraftwerken durch moderne Gaskraftwerke oder die Kraft-Wärme-Kopplung können zudem kurzfristig THG-Emissionen vermindern

In der Industrie ließe sich schon durch Einsatz heute gängiger Technologien die Energieintensität um ein Viertel gegenüber dem aktuellen Niveau senken, so die Berechnungen. Durch technologische Entwicklungen zur Verbesserung der Energieeffizienz seien Reduktionen um weitere 20 Prozent möglich. Beim Verkehr sehen die Forscher Einsparungspotenziale von 20 bis 50 Prozent bis 2050. „Die Kernaufgabe ist es, die Emissionen vom Wachstum der Wirtschaften und der Bevölkerung zu entkoppeln“, so die Forscher.

Appelle allerorten

Als ermutigendes Startsignal zum entschiedenen Handeln haben die Organisationen Germanwatch und Brot für die Welt den Report bezeichnet: „Die Wissenschaft hat umfassend dargelegt, dass die Mittel und Möglichkeiten vorhanden sind, die Erwärmung bis Ende des Jahrhunderts auf maximal zwei Grad zu begrenzen“, sagt Sabine Minninger, Klimareferentin bei Brot für die Welt. Allerdings unterstreiche der Bericht auch, dass gute Chancen zum Einhalten des Zwei-Grad-Limits nur bestehen, wenn in den kommenden Jahren mit dem Umsteuern ernst gemacht wird.

Aus Sicht der Naturschutz-Organisation NABU zeigt der IPCC-Bericht unmissverständlich, dass sich die Länder einigen müssen, mit welchen politischen, technologischen und wirtschaftlichen Maßnahmen dem Klimawandel begegnet werden soll. Daher müsse gerade von Deutschland und der EU ein neuer Impuls für ein weltweit geltendes Weltklimaabkommen ausgehen. Dieses soll 2014 im peruanischen Lima auf den Weg gebracht und 2015 in Paris beschlossen werden.

Bundesumweltministerin Barbara Hendricks geizte bei der Veröffentlichung des IPCC-Berichts nicht mit Appellen und Absichtserklärungen: „Wir müssen jetzt alles daran setzen, im Klimaschutz beherzt voran zu gehen. Deutschland kann dabei eine wichtige Rolle spielen, wenn wir der Welt am praktischen Beispiel zeigen, dass Klimaschutz in einem Industrieland funktioniert“, so die Ministerin. Ob und wie die Klimaschutzziele der Bundesregierung umgesetzt werden – immerhin sollen es 40 Prozent Emissions-Minderung gegenüber 1990 bis zum Jahr 2020 sein, bis 2050 sogar 85 bis 90 Prozent – bleibt aber offen.

Mehr Informationen zum 3. Teil des Weltklimaberichts und die Berichtstexte finden Sie (IPCC/NABU/BMBF/Germanwatch, 14.04.2014 – NPO)

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