Ein neuer Sonderbericht des Weltklimarats IPCC bestätigt, dass sich der Klimawandel immer stärker auf Ozeane und Eismassen auswirkt. Die bisherigen Prognosen zum Meeresspiegelanstieg und zur Gletscherschmelze müssen nach oben korrigiert werden. Der Bericht unterstreicht zudem die Folgen der Erwärmung für die Meeresumwelt: Die Ozeane versauern, leiden unter Sauerstoffmangel und erleben immer häufiger Hitzeextreme – mit entsprechenden Konsequenzen für Meeresbewohner.
Die Erde ist zu drei Vierteln von Wasser bedeckt – entsprechend groß ist der Einfluss der Ozeane auf Klima, Stoffkreisläufe und die gesamte Lebenswelt auf unserem Planeten. Jüngste Studien belegen, dass die Meeresspiegel immer schneller ansteigen. Haupttriebkraft dafür sind die Erwärmung des Meerwassers, aber auch das Abschmelzen des Polareises – vor allem in Grönland und der Westantarktis.
Polareis schmilzt immer schneller
Jetzt haben die Wissenschaftler des Weltklimarats IPCC alle aktuellen Erkenntnisse zu Ozean, Eis und Klimawandel in einem Sonderbericht zusammengefasst. Für den „Special Report on the Ocean and Cryosphere in a Changing Climate“ (SROCC) haben mehr als 100 Wissenschaftler aus 36 Nationen knapp 7.000 Forschungsarbeiten aus aller Welt gesichtet und ausgewertet. Ihr Bericht liefert nun neueste Daten und Prognosen dazu, wie Meere und Eisreservoire weltweit auf den Klimawandel reagieren.
Der Sonderbericht bestätigt, dass sich das Tempo von Meeresspiegelanstieg und Eisverlust seit dem letzten IPCC-Weltklimabericht von 2013 beschleunigt hat. Demnach hat sich der Eismassenverlust in Grönland gegenüber dem Zeitraum von 1997 bis 2006 inzwischen verdoppelt und in der Antarktis verdreifacht. So hat die Masse des antarktischen Eisschilds seit 2006 um 155 Gigatonnen pro Jahr abgenommen – das ist deutlich mehr als noch im 5. Weltklimabericht angegeben. In Grönland hat sich der Eisverlust von rund 215 Gigatonnen pro Jahr auf 278 Gigatonnen jährlich verstärkt.
In der Arktis schwindet nicht nur das Meereis, auch der Permafrost schmilzt. Nach den Prognosen des IPCC-Sonderberichts könnten Ende des Jahrhunderts bis zu 89 Prozent der arktischen Permafrostböden aufgetaut sein. Das hätte schwerwiegende Folgen für die arktische Infrastruktur und würde enorme Menge weiterer Treibhausgase freisetzen.
Meeresspiegel: Pegel steigen stärker als zuvor gedacht
Düster sieht es auch beim Meeresspiegel aus: Dem Sonderbericht zufolge liegt der Anstieg der Pegel inzwischen um knapp vier Millimeter pro Jahr – und jährlich erhöht sich diese Rate um rund 0,1 Millimeter. Gleichzeitig haben sich die Ursachen dafür verschoben: Der Schmelzwasser-Einstrom der tauenden Gletscher trägt inzwischen mehr zum Meeresspiegelanstieg bei als die thermische Ausdehnung des Meerwassers.
Das IPCC hat auch die Prognosen für die Zukunft nach oben korrigiert: Demnach könnten die Pegel bei ungebremstem Klimawandel (Szenario RCP 8.5) zehn bis 15 Prozent stärker ansteigen als im letzten Weltklimabericht prognostiziert. Bis zum Jahr 2100 wäre demnach ein Meeresspiegelanstieg von im Schnitt 61 bis 110 Zentimeter möglich. Wegen der großen regionalen Unterschiede könnten dadurch lokal noch deutlich höhere Werte erreicht werden.
Mehr El Ninos, „Todeszonen“ und Stürme
Die Symptome des Klimawandels zeigen sich auch in der Meeresumwelt: „Seit 1993 hat sich die Geschwindigkeit der Ozeanerwärmung mehr als verdoppelt“, heißt es im IPCC-Sonderbericht. „Durch die Aufnahme von mehr CO2 ist die Ozeanoberfläche zunehmend versauert. Sauerstoffverlust fand von der Oberfläche bis in 1.000 Meter Tiefe statt.“ Als Folge wachsen sauerstoffarme Todeszonen, Korallen und andere Tiere mit Kalkschalen bekommen Wachstumsprobleme.
Die wärmeren Meere wiederum wirken auf das Klima zurück. As Folge häufen sich dem Bericht zufolge schon jetzt marine Hitzewellen, El-Nino-Ereignisse und starke Stürme: „Erhöhte Windgeschwindigkeiten und Niederschläge von tropischen Wirbelstürmen sowie Zunahmen von extremen Wellen verschärfen in Kombination mit dem relativen Meeresspiegelanstieg Extremwasserstände und Gefahren an Küsten“, warnen die IPCC-Forscher.
Folgen auch für marine Ökosysteme
In allen Meeresgebieten spürbar sind auch die Folgen des Klimawandels für die marinen Ökosysteme, wie der IPCC-Sonderbericht bestätigt. Viele Arten wandern polwärts, dadurch verändert sich die Zusammensetzung der Lebensgemeinschaften. Bei einigen Spezies wie den Korallen gibt es schon heute gravierende Verluste. Und auch die Fischbestände sind in einigen Regionen geschrumpft.
Setzt sich dieser Trend fort, könnte unter anderem das maximale Fangpotenzial der Fischerei bis 2100 um 20 bis 24 Prozent sinken. Für Warmwasserkorallen, Seegraswiesen und Tangwälder prognostizieren die Forscher selbst bei einer gemäßigten Erwärmung um 1,5 bis zwei Grad hohe Risiken.
Ehrgeiziges Handeln ist notwendig
„Der Bericht unterstreicht, dass der Klimawandel Ozean und Kryosphäre schon stark verändert hat und dass wir Menschen auch schon heute von diesen Veränderungen betroffen sind“, kommentiert Klimageograf Ben Marzeion von der Universität Bremen. Der IPCC-Sonderbericht betont jedoch auch, dass die schlimmsten Folgen noch durch entsprechende Maßnahmen verhindert werden können.
Entscheidend für wirksames Handeln seien jedoch ehrgeizige und dringende Emissionsreduktionen und anhaltende Anpassungsmaßnahmen – und eine bessere Zusammenarbeit von Regierungen und Regierungsbehörden. Mit anderen Worten: Die Politik muss sich schnellstens auf ein gemeinsames und effektives Handeln einigen. (IPCC Special Report on the Ocean and Cryosphere in a Changing Climate (SROCC))
Quelle: IPCC