Gut ein Jahr nach dem Ausbruch des isländischen Vulkans Eyjafjallajökull liegt Island wieder unter einer Eruptionswolke: Der Gletschervulkan Grimsvötn ist am Samstag ausgebrochen und hat große Mengen Wasserdampf und Asche bis zu 20 Kilometer hoch in die Atmosphäre geschleudert. Der Flughafen von Islands Hauptstadt Reykjavik wurde geschlossen, ein europaweites Flugchaos wie nach dem Eyjafjallajökull-Ausbruch soll aber ausbleiben.
Der Grimsvötn gehört zu den aktivsten Gletschervulkanen Islands. Sein an der breitesten Stelle acht Kilometer messender Krater liegt fast vollständig unter dem Eis des Vatnajökull, des größten Gletschers Europas, verborgen. Rund 200 Meter dick ist die Eiskappe über dem Vulkan durchschnittlich. Er ist Teil des Bardarbunga – Grimsvötn-Systems, eines gewaltigen Netzwerks aus Vulkanschloten, Spalten, Kratern und unterirdischen Magmenkanälen, das sich kilometerweit unter der Gletscherdecke erstreckt. Ursache für die starke vulkanische Aktivität ist ein Zusammentreffen des isländischen Hot Spots mit der langgestreckten vulkanischen Zone des mittelatlantischen Rückens.
Typischerweise wechseln sich bei den Gletschervulkanen Zentralislands Zeiten der relativen Ruhe mit Perioden erhöhter vulkanischer Aktivität ab, der Grimsvötn bricht im Durchschnitt alle paar Jahre aus, zuletzt im Jahr 2004. Dass eine erneute Eruption des Gletschervulkans überfällig sei, berichteten isländische Forscher um Gunnar Sigurdsson bereits im November 2010. Damals waren Vorzeichen wie ein vermehrtes Beben, Brummen und ein Anstieg von Wasserständen in Gletscherflüssen registriert worden. Insgesamt war die seismische Aktivität unter der Vatnajökull-Eisdecke bei gleich mehreren Vulkanen gestiegen.
10.000 Tonnen Magma pro Sekunde
Jetzt ist der Grimsvötn tatsächlich ausgebrochen, und dies deutlich stärker als von den Vulkanologen erwartet. Die Eruption begann am Samstagabend gegen 19:30 mitteleuropäischer Sommerzeit (MESZ) als zunächst subgazialer Ausbruch, der sich schnell durch die bedeckende Eisschicht fraß. Bis zu 10.000 Tonnen Magma strömten pro Sekunde aus dem Untergrund und schmolzen das Eis. Dennoch scheint nach Angaben von Vulkanologen eine der größten Gefahren bei den Gletschervulkanen Islands diesmal nicht zu drohen: ein Jökulhlaup. Bei diesem „Gletscherlauf“ bildet sich ein Schmelzwassersee, der sich dann unter der Eiskappe seinen Weg bahnt und als Sturzflut aus dem Gletscher hervorbricht. 1996 hatte ein solcher Jökulhlaup verheerende Zerstörungen an Brücken und Straßen in der Sandur-Ebene verursacht.